Dass bei einem Überschreiten der Steuerfreibeträge Erbschaftsteuer anfällt, ist bekannt. Im besten Fall hat der Erblasser für diesen Fall bereits zu Lebzeiten vorgesorgt und durch geschickte testamentarische Regelungen, gegebenenfalls flankiert von lebzeitigen Übertragungen, dafür gesorgt, dass die Steuerfreibeträge seiner Erben perfekt ausgenutzt werden.
Eine solche Gestaltung ist allerdings nicht immer möglich. Beispielsweise, weil der Erblasser völlig unerwartet verstirbt oder er zu seinen Erben überhaupt keinen Kontakt hatte. Letzteres ist häufig der Fall, wenn nicht die Kinder des Erblassers, sondern entferntere Verwandte, also Geschwister, Cousins oder Cousinen, Onkel oder Tanten im Wege der gesetzlichen Erbfolge zu Erben werden.
Erbt jemand von seinem Bruder oder Cousin, steht dem Erben lediglich der gewöhnliche Steuerfreibetrag von 20.000 € zu. Geht der Wert des Nachlasses darüber hinaus, fällt Erbschaftsteuer an und es flattert zeitnah ein Brief der Erbschaftsteuerstelle des Finanzamts ins Haus.
Erben stellen sich dann häufig die Frage, ob man jetzt gar nichts mehr tun kann, um möglichst viel des Erbes behalten zu können. Immerhin ist das Kind mit dem Tod des Erblassers bereits in den Brunnen gefallen.
Doch auch nachträglich gibt es Möglichkeiten, die Steuerlast zu reduzieren. Eine davon ist die Ausschlagung gegen Abfindung. Dabei macht man sich die verschiedenen Stufen der Erbschaftsteuer zunutze. Denn außerhalb der Freibeträge stellt sich die Erbschaftsteuer folgendermaßen dar:
Die Steuerklassen
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
75.000 € | 7% | 15% | 30% |
300.000 € | 11% | 20% | 30% |
600.000 € | 15% | 25% | 30% |
6.000.000 € | 19% | 30% | 30% |
13.000.000 € | 23% | 35% | 50% |
26.000.000 € | 27% | 40% | 50% |
darüber | 30% | 43% | 50% |
In Steuerklasse I befinden sich dabei der Ehegatte, die Kinder, Enkel, Urenkel, Eltern und Großeltern des Erblassers.
Steuerklasse II umfasst die Nichten, Neffen, Geschwister, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und den geschiedenen Ehegatten.
Für alle weiteren Personen gilt Steuerklasse III.
Beispiel
Betrachtet man neben der vorstehenden Tabelle § 3 II Nr. 4 ErbStG, wird klar, auf welchem Wege die Steuer auch nachträglich reduziert werden kann. Demnach gilt als vom Erblasser zugewendet auch, was als Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft gewährt wird.
Das bedeutet, dass die Gegenleistung (Abfindung) für die Ausschlagung als vom Erblasser erhalten gilt. Gleichzeitig verringert die Abfindung den steuerpflichtigen Erwerb bei demjenigen, der sie zahlt.
Zum leichteren Verständnis folgendes Beispiel:
Carsten ist der Bruder von Susanne. Die Eltern und Großeltern von Carsten und Susanne sind lange tot. Carsten hat selbst keine Kinder, seine Ehefrau ist bereits vor Jahren verstorben. Susanne hat zwei Söhne, Michael und Sebastian.
Carsten verstirbt ohne ein Testament zu hinterlassen. In seinem Nachlass befindet sich ein Grundstück mit einem Wert von 700.000 €.
Nach der gesetzlichen Erbfolge ist Susanne zu seiner Alleinerbin berufen. Nach Abzug des Steuerfreibetrags von 20.000 € verbleibt ein zu versteuernder Erwerb von 680.000 €. Susanne befindet sich in Steuerklasse II und muss deshalb 30% Erbschaftsteuer zahlen, also 210.000 €.
So viel Geld möchte Susanne nicht abgeben, insbesondere da hierfür das Grundstück verkauft werden müsste, welches Susanne gerne in Familienbesitz halten würde. Sie lässt sich deshalb anwaltlich beraten und fragt, was man denn jetzt noch tun könne. Der Rechtsanwalt rät Susanne zur Ausschlagung gegen Abfindung.
Susanne schließt also einen Vertrag mit ihren beiden Söhnen Michael und Sebastian, wonach sie die Erbschaft auf Ableben ihres Bruders Carsten ausschlägt und dafür von den beiden Söhnen einen Betrag von 95.000 € erhält.
Nachdem Susanne die Erbschaft ausgeschlagen hat, treten Michael und Sebastian nach der gesetzlichen Erbfolge an ihre Stelle als Erben von Carsten und zwar jeweils zur Hälfte. Jeder der beiden erhält so die Hälfte des Nachlasses, steuerlich gesehen also einen Wert von 350.000 €.
Hiervon können die beiden die gezahlte Abfindung in Höhe von 95.000 € nach § 10 V Nr. 3 ErbStG abziehen, also jeweils 47.500 €. Zusätzlich abgezogen wird bei beiden der Steuerfreibetrag von 20.000 €. Jeder der beiden kann von dem erhaltenen Wert von 350.000 € also insgesamt 67.500 € abziehen. Es verbleibt dann ein steuerpflichtiger Erwerb von jeweils 282.500 €.
Dieser ist in Steuerklasse II mit 20% zu versteuern, was jeweils 56.500 € entspricht.
Susanne hat von den beiden Söhnen insgesamt 95.000 € erhalten. Nach Abzug des Freibetrags von 20.000 € muss sie 75.000 € zu 15% versteuern. Sie zahlt also 11.250 €.
Insgesamt zahlen Susanne, Michael und Sebastian 124.250 € an Erbschaftsteuer.
Der Rat des Rechtsanwalts hat den Dreien somit insgesamt eine Steuerlast von 85.750 € erspart.
Fazit
Der vorstehende Fall ist nur ein Beispiel, wie die Ausschlagung gegen Abfindung auch noch nach dem Erbfall als gestalterisches Instrument genutzt werden kann. Daneben gibt es diverse weitere Möglichkeiten.
Zu beachten ist stets, dass die Ausschlagung nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnis vom Erbfall und dem Berufungsgrund erfolgen kann (§ 1944 BGB). Ist der Erbfall bereits eingetreten, ist deshalb oft Eile geboten.
Hatte der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland oder befindet sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland, beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Monate.