Das FG Sachsen hatte in der Entscheidung vom 16.11.2023 — 4 K 1013/20 darüber zu befinden, ob Aufwendungen einer GmbH für den Erwerb eigener Anteile zusätzliche verlusterhöhende Anschaffungskosten für die Anteile der verbleibenden Gesellschafter darstellen.
Sachverhalt
Der Kläger ist Gesellschafter der a GmbH (GmbH genannt). Nach Verschmelzung der b x GmbH auf die GmbH hielt er an dieser originär die Anteile Nr. 3 und Nr. 4 mit Nominalwerten von 7.700 € und 8.700 €. Mitgesellschafter G hielt ursprünglich die Anteile Nr. 5 und Nr. 6 zu Nominalwerten von 9.000 € und 8.700 €. In 2008 kündigte G gegenüber der GmbH und schied als Gesellschafter aus. Seine Anteile hat die GmbH als eigene Anteile übernommen. Den gerichtlich festgestellten Abfindungsanspruch von G in Höhe von 94.269,33 € hat die GmbH aus freien Rücklagen befriedigt. Die ursprünglich von dem weiteren Mitgesellschafter C gehaltenen Anteile Nr. 1 und Nr. 2 zu Nominalwerten von 9.000 € und 8.700 € hat der Kläger in 2014 per notariellem Vertrag zum Kaufpreis von 30.000 € erworben. Folglich hielt der Kläger die Anteile Nr. 1–4, die GmbH die Anteile Nr. 5 und Nr. 6 als eigene Anteile.
In 2016 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter hat Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO angezeigt. Mit Schreiben aus 2018 hat er dem Kläger mitgeteilt, dass die Masseunzulänglichkeit fortbestehe und – wenn überhaupt – nur eine geringe Insolvenzquote verbleibe.
Aus diesem Grund machte der Kläger in der Einkommensteuererklärung für 2016 (Streitjahr) einen Auflösungsverlust nach § 17 EStG i.H. von 38.460 € geltend. Dieser wurde zunächst weder im Steuerbescheid noch in den während des Einspruchsverfahrens ergangenen Änderungsbescheiden durch den Beklagten (FA) berücksichtigt. In der Einspruchsentscheidung aus 2020 erkannte das FA jedoch für das Streitjahr Anschaffungskosten auf die Anteile des Klägers i.H.v. € 46.400 (7.700 € + 8.700 € + 30.000 €) und mangels Veräußerungserlös einen Auflösungsverlust gemäß § 17 EStG in gleicher Höhe an. Wegen des Teileinkünfteverfahrens wurden im Ergebnis 27.840 € einkommensmindernd berücksichtigt (60 % von 46.400 €).
Anteilige Anschaffungskosten des Klägers im Zusammenhang mit den eigenen Anteilen der GmbH wurden jedoch nicht (verlusterhöhend) berücksichtigt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Er macht ihm (angeblich) zuzurechnende und verlusterhöhende (nachträgliche) Anschaffungskosten i.H. von 45.959,71 € im Zusammenhang mit den eigenen Anteilen Nr. 5 und Nr. 6 der GmbH geltend.
Entscheidung des FG: Klage unbegründet
Das FG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung des FA sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das FA habe im Streitjahr unstreitig und zu Recht den bezüglich des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH erlittenen Auflösungsverlust des Klägers gemäß § 17 EStG i.H.v. 27.840 € berücksichtigt. Der Auflösungsverlust sei bereits vor dem formalen Abschluss des Insolvenzverfahrens entstanden, weil der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit der GmbH nach § 208 Abs. 1 S. 1 InsO angezeigt habe. Zudem seien die nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG bei der Berechnung des Auflösungsverlusts einzubeziehenden Anschaffungskosten der vom Kläger gehaltenen Anteile Nr. 1–4 vom FA auch zutreffend auf 46.400 € beziffert worden.
Über den in der Einspruchsentscheidung berücksichtigten Auflösungsverlust i.H.v. 27.840 € hinaus seien keine weiteren Beträge verlusterhöhend anzusetzen. Der aus den freien Rücklagen der GmbH gezahlte Abfindungsbetrag an den ausgeschiedenen G führe beim Kläger nicht zu anteiligen Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 S. 1 EStG in Bezug auf seine eigenen Geschäftsanteile. Der Kläger und der Mitgesellschafter C hätten in Bezug auf das Ausscheiden des G weder offene noch verdeckte Einlagen in das Kapital der GmbH geleistet. Insbesondere haben sie nicht nach Fassung eines Gewinnverteilungsbeschlusses auf die Auszahlung ihnen zustehender Gewinnanteile verzichtet. Der Kläger und C haben gar keinen Gewinnverteilungsbeschluss gefasst, sondern lediglich den Gewinn stehen lassen. Dies stelle unter Verweis auf den BFH jedoch keine anschaffungskostenerhöhende Einlage dar und begründe auf Seiten des Klägers folglich keine (anteiligen) Anschaffungskosten.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung des FG zeigt, dass Aufwendungen der GmbH für den Erwerb eigener Anteile bei den verbleibenden Gesellschaftern als Anschaffungskosten (verlusterhöhend) berücksichtigt werden könnten, wenn diese offene oder verdeckte Einlagen in das Kapital der GmbH leisten bzw. nach Fassung von Gewinnverteilungsbeschlüssen auf die Auszahlung von Gewinnen verzichten. Das bloße Stehenlassen von Gewinnen reicht einkommensteuerlich jedenfalls nicht aus.