Steuern und Abgaben

Privilegierung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer ist in der Ausgestaltung des ErbStG 2009 nicht mit der Verfassung vereinbar

Mit sei­nem seit lan­gem erwar­te­tem Urteil hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Ver­scho­nungs­vor­schrif­ten der §§ 13a, 13b ErbStG in Ver­bin­dung mit der Tarif­vor­schrift des § 19 Abs. 1 ErbStG für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt geht in sei­ner Ent­schei­dung davon aus, dass es vom Ent­schei­dungs­spiel­raum des Gesetz­ge­bers grund­sätz­lich abge­deckt ist, klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men, ins­be­son­de­re inha­ber­ge­führ­te Unter­neh­men, zur Siche­rung ihres Bestands und zur Erhal­tung der Arbeits­plät­ze steu­er­lich zu begüns­ti­gen. Die der­zei­ti­ge Pri­vi­le­gie­rung von betrieb­li­chen Ver­mö­gen ist jedoch unver­hält­nis­mä­ßig, soweit sie über den Bereich klei­ner und mitt­le­rer Unter­neh­men hin­aus­geht, ohne eine Prü­fung vor­zu­se­hen, ob ein Bedürf­nis für die Ver­scho­nung vor­liegt. Fer­ner sieht es das Gericht als unver­hält­nis­mä­ßig an, dass Betrie­be mit maxi­mal 20 Beschäf­tig­ten ohne wei­te­re Vor­aus­set­zung von der Ein­hal­tung einer Min­dest­lohn­sum­me aus­ge­nom­men sind. Eben­so sei es unver­hält­nis­mä­ßig, dass betrieb­li­ches Ver­mö­gen mit einem Ver­wal­tungs­ver­mö­gens­an­teil bis zu 50 % ver­schont wird. Die §§ 13a und 13b ErbStG seien zudem ver­fas­sungs­wid­rig, soweit sie Gestal­tun­gen zulas­sen, die zu nicht zu recht­fer­ti­gen­den Ungleich­be­hand­lun­gen füh­ren. Diese Ver­fas­sungs­ver­stö­ße bewir­ken, dass die gesetz­li­chen Rege­lun­gen ins­ge­samt mit dem Gleich­heits­grund­satz des Art. 3 Abs. 1 GG unver­ein­bar sind. Die Vor­schrif­ten sind aller­dings zunächst wei­ter­hin anwend­bar. Der Gesetz­ge­ber ist aber ver­pflich­tet, bis zum 30.06.2016 eine Neu­re­ge­lung tref­fen.

BVerfG, Urteil vom 17.12.2014, Az. 1 BvL 21/12

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