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Leistung der Stammeinlage

Zu den Grund­auf­ga­ben eines jeden Insol­venz­ver­wal­ters gehört es, die Erbrin­gung der Stamm­ein­la­gen durch die GmbH-Gesellschafter zu prü­fen. Das OLG Mün­chen hatte in sei­nem Urteil vom 12.10.2016[1] über einen Fall zu ent­schei­den, bei dem die Gesell­schaf­ter ihre Pflicht zur Erbrin­gung der Stamm­ein­la­ge durch Zah­lung an den Geschäfts­füh­rer und Mit­ge­sell­schaf­ter erfül­len woll­ten, obwohl sie Kennt­nis über die eige­nen wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten des Geschäfts­füh­rers und Mit­ge­sell­schaf­ters hat­ten.

1. Sach­ver­halt

Die bei­den Beklag­ten sind zusam­men mit dem Mit­ge­sell­schaf­ter L. Gesell­schaf­ter der CF R.E. GmbH (Schuld­ne­rin). Herr L. ist dar­über hin­aus­ge­hend Geschäfts­füh­rer der Gesell­schaft. Über das Ver­mö­gen der Schuld­ne­rin wurde das Insol­venz­ver­fah­ren eröff­net und der Klä­ger zum Insol­venz­ver­wal­ter bestellt. Der Klä­ger hatte die Beklag­ten auf­ge­for­dert, die Erbrin­gung der Stamm­ein­la­ge nach­zu­wei­sen. Nach­dem eine außer­ge­richt­li­che Erle­di­gung nicht her­bei­ge­führt wer­den konn­te, klag­te der Klä­ger die Stamm­ein­la­ge ein. Die Beklag­ten gaben im gericht­li­chen Ver­fah­ren an, die Stamm­ein­la­ge bar an den Mit­ge­sell­schaf­ter L. geleis­tet zu haben. Sie begrün­de­ten die Bar­zah­lung damit, dass der Mit­ge­sell­schaf­ter L. „auf­grund sei­ner deso­la­ten finan­zi­el­len Lage — er war seit Lan­gem ver­mö­gens­los — eine Bar­ein­zah­lung“ wünsch­te. Das LG sah die Zah­lung der Stamm­ein­la­ge nicht als nach­ge­wie­sen an und ver­ur­teil­te die Beklag­ten zur Zah­lung. Mit der Revi­si­on ver­folg­ten die Beklag­ten zunächst die Abwei­sung der Klage wei­ter, wobei im wei­te­ren Ver­lauf der Beklag­te zu 2 sein Rechts­mit­tel zurück­nahm.

2. Ent­schei­dung des OLG Mün­chen: Stamm­ein­la­gen­erbrin­gung nicht nach­ge­wie­sen

Das OLG Mün­chen weist die Beru­fung des Beklag­ten zu 1 zurück. Es folgt dem LG dahin­ge­hend, dass eine Erbrin­gung der Stamm­ein­la­ge nicht nach­ge­wie­sen sei. Die Aus­füh­run­gen des LG seien schlüs­sig, wider­spruchs­frei und wür­den nicht gegen Denk- oder Erfah­rungs­sät­ze ver­sto­ßen. Gegen eine wirk­sa­me Erbrin­gung der Stamm­ein­la­ge würde vor­lie­gend auch spre­chen, dass selbst dann, wenn eine Bar­zah­lung an den Mit­ge­sell­schaf­ter L. erfolgt sei, hier­in keine wirk­sa­me Erbrin­gung der Stamm­ein­la­ge zu sehen sei. Von einer wirk­sa­men Erbrin­gung könne nur dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn ein voll­wer­ti­ger, unbe­schränk­ter und defi­ni­ti­ver Ver­mö­gens­zu­fluss an die GmbH vor­lie­ge. Im vor­lie­gen­den Fall spre­che vie­les dafür, dass ein effek­ti­ver Zufluss der Bar­mit­tel an die GmbH nicht vor­ge­le­gen habe. Die Beklag­ten selbst hät­ten vor­ge­tra­gen, dass der Mit­ge­sell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rer L. eige­ne finan­zi­el­le Pro­ble­me gehabt habe und daher auf das Geld zum Bestrei­ten sei­nes Lebens­un­ter­hal­tes ange­wie­sen gewe­sen sei. Außer­dem habe L. gegen­über den Beklag­ten ange­ge­ben, dass bei einer Zah­lung auf ein Bank­kon­to die­ses Geld „bei der Bank ver­blie­ben wäre“. Hinzu käme, dass nach dem Vor­trag der Beklag­ten die GmbH nicht in der Lage gewe­sen sei, dem L. ein Gehalt zu zah­len. Eine Zah­lung durch die Beklag­ten sei daher bes­ten­falls als Zah­lung an einen Gläu­bi­ger der GmbH zu qua­li­fi­zie­ren. Eine sol­che Zah­lung könne nur dann zur Erfül­lung der Ein­la­gen­schuld füh­ren, wenn im Hin­blick auf die zu til­gen­de Dritt­for­de­rung eine hin­rei­chen­de Bestimmt­heit vor­lie­ge und eine aus­drück­li­che Til­gungs­be­stim­mung getrof­fen wor­den wäre. Die Beklag­ten hät­ten das Vor­lie­gen die­ser Umstän­de jedoch nicht vor­ge­tra­gen. An die­ser Qua­li­fi­zie­rung ände­re auch nichts, dass die Kas­sen­ab­rech­nung und die Kas­sen­zähl­pro­to­kol­le tat­säch­lich Ein­zah­lun­gen der Beklag­ten aus­wei­sen wür­den.

3. Recht­li­che Wür­di­gung

Die Ent­schei­dung des OLG Mün­chen ist ins­be­son­de­re des­halb von Rele­vanz, weil sie auf­zeigt, dass selbst Zah­lun­gen an den Geschäfts­füh­rer einer Gesell­schaft nicht zwin­gend zur Til­gung der Stamm­ein­la­gen­ver­pflich­tung füh­ren. Geht aus den Umstän­den her­vor, dass der Geschäfts­füh­rer die erhal­te­nen Beträ­ge nicht für die Gesell­schaft ver­wen­den will, so lau­fen die Gesell­schaf­ter Gefahr, mit ihren Zah­lun­gen nicht die gewünsch­te Til­gung her­bei­zu­füh­ren.

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