Nach § 8c Abs. 1 KStG können Körperschaften steuerliche Verluste in spätere Veranlagungszeiträume vortragen und dann mit Gewinnen verrechnen. Seit 2008 ist die Verlustverrechnung bei Änderungen im Gesellschafterbereich jedoch eingeschränkt, so dass Verlustvorträge anteilig untergehen, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 Prozent der Anteile übertragen werden. Bei einer Übertragung von mehr als 50 Prozent der Anteile gehen die Verlustvorträge vollständig unter. Ab 2008 wurde mit § 8c Abs. 1a KStG die sog. Sanierungsklausel eingeführt, wonach Verluste bei einer Sanierung unter näher beschriebenen Voraussetzungen nicht untergehen sollen. Diese Sanierungsklausel wurde von der EU-Kommission mit Beschluss vom 26.01.2011 wegen Verstoßes gegen das EU-Beihilfenrecht für rechtswidrig erklärt. Nach Auffassung der EU-Kommission verzerre die Regelung den Wettbewerb und stehe nicht im Einklang mit den Regelungen für staatliche Beihilfen. Wegen der Unstimmigkeiten hatte das BMF die Anwendung der Sanierungsklausel bereits im April 2010 bis zur Klärung der Vereinbarkeit mit dem europäischen Beihilfenrecht ausgesetzt. Die EU-Kommission verfügte in ihrem Beschluss, dass die Sanierungsklausel rückwirkend nicht anwendbar sei und dass die Bundesrepublik Deutschland jegliche Beihilfen, die im Rahmen der Sanierungsklausel gewährt wurden, auch bei bereits bestandskräftigen Bescheiden, zurückfordern müsse. Der Rückzahlungsbetrag sei die Differenz des Steuerbetrag mit und ohne die Berücksichtigung der Sanierungsklausel. Bis zur Rückzahlung dieser Art von Beihilfe müsse der gewährte Vorteil verzinst werden.
Gegen den Beschluss der EU-Kommission hatte die Bundesrepublik Deutschland Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gericht eingereicht. Die Klage wurde am 18.12.2012 abgewiesen, da die Klageschrift einen Tag zu spät beim Gericht eingegangen sei. In dem hiergegen eingeleiteten Rechtsmittelverfahren hat nunmehr der Europäische Gerichtshof die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt.
Eine Prüfung der Vereinbarkeit der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG mit EU-Recht und eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den von Deutschland vorgebrachten Klagegründen ist damit bislang nicht erfolgt. Momentan sind verschiedene Klageverfahren von betroffenen Unternehmen beim Europäischen Gericht anhängig, die zu einer inhaltlichen Entscheidung über die Vereinbarkeit der Sanierungsklausel mit dem EU-Beihilferecht führen könnten. Solange eine solche Entscheidung aussteht, ist die Anwendung der Sanierungsklausel vom BMF weiter ausgesetzt.
EuGH, Beschluss vom 03.07.2014, Az.: C‑102/13 P EuG, Beschluss vom 18.12.2012, Az.: T‑205/11 KOM-Beschluss vom 26.01.2011, ABl. EU 11, Nr. L235/26