Unsere Rechtsordnung vertraut in sehr umfassenden Umfang auf die Richtigkeit des Grundbuchs. Wer von dem im Grundbuch eingetragenen Rechtsinhaber erwirbt, kann sich auf die Richtigkeit des Grundbuchs verlassen und erlangt das erworbene Recht auch dann, wenn das Grundbuch falsch ist. Dieser gutgläubige Erwerb stellt eine latente Gefahr sowohl für denjenigen dar, dessen Recht zwar besteht, im Grundbuch aber nicht eingetragen ist, als auch für denjenigen, der zwar einen Anspruch auf Begründung oder Löschung eines Rechts hat, dessen Anspruch aber bisher nicht erfüllt wurde. Mit der Veräußerung des Grundstücks an einen gutgläubigen Dritten entfällt das nicht eingetragene Recht endgültig und kann der Anspruch auf Rechtsänderung gegen den ursprünglichen Eigentümer nicht mehr geltend gemacht werden.
Wegen des starken öffentlichen Glaubens des Grundbuchs und der wirtschaftlichen Bedeutung von Grundbesitz sieht das Gesetz im Falle der Unrichtigkeit des Grundbuchs die Möglichkeit vor, dass ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen wird. Besteht ein Anspruch auf Begründung oder Löschung eines Rechts gegen den derzeitigen Eigentümer, gewährt das Gesetz die Möglichkeit der Eintragung einer Vormerkung. Widerspruch und Vormerkung bewirken, dass ein Dritter in Bezug auf das jeweils in Rede stehende Recht bzw. den in Rede stehenden Anspruch gewarnt ist und „sperren“ auf diese Weise das Grundbuch.
Zur Eintragung von Vormerkung und Widerspruch bedarf es der Bewilligung durch den Gegner. Für den Fall, dass die Richtigkeit des Grundbuchs oder der behauptete Anspruch streitig ist, sieht das Gesetz vor, dass Widerspruch und Vormerkung auch durch einstweilige Verfügungen eingetragen werden können. Anders als in den meisten anderen Fällen einstweiliger Verfügungen, bei denen der Antragsteller nicht nur den behaupteten Anspruch (sog. Verfügungsanspruch), sondern auch die besondere Eilbedürftigkeit (sog. Verfügungsgrund) darlegen muss, bedarf die einstweilige Verfügung bei Widerspruch und Vormerkung nicht der Darlegung einer Eilbedürftigkeit.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Eintragung von Widerspruch und Vormerkung wird in der Praxis erstaunlich selten gestellt. Das muss schon deswegen verwundern, weil sie dazu dienen, dass Grundbuch vorläufig zu sperren und so vereitelnde Verfügung zugunsten Dritter zu verhindern. Nach der Eintragung der Sperre kann, falls erforderlich, in aller Gelassenheit über Jahre und durch alle Instanz gestritten werden.
Neben der Sicherung des status quo hat die einstweilige Verfügung aber auch noch eine ganze Reihe weiterer Vorteile gerade für diejenigen, die von Berufswegen fremdes Vermögen als Nachlasspfleger, ‑verwalter, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Betreuer o.ä. verwalten. Hier ist man häufig mit dem Problem konfrontiert, dass das verwaltete Vermögen nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, einen teuren und langwierigen Zivilprozess zu führen. Schon das Erfordernis, den vor Zustellung einer Klage erforderlichen Gerichtskostenvorschuss aufzubringen, kann das Unterfangen vereiteln. Die Zustellung eines Antrags auf einstweilige Verfügung hingegen darf von der Leistung eines solchen Vorschusses nicht abhängig gemacht werden. Hinzu kommt, dass der Streitwert nur ein Drittel desjenigen des Anspruchs in der Hauptsache beträgt, was auch auf die anfallenden Anwaltskosten merklichen Einfluss hat.
Desweiteren führt der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dazu, dass eine richterliche Rückmeldung über die Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruchs sehr früh erfolgt. Eine erste vorsichtige Andeutung darüber, wie das Gericht den geltend gemachten Anspruch bewertet, erfolgt im ordentlichen Zivilprozess – wenn überhaupt – regelmäßig erst im Termin zur mündlichen Verhandlung. Das kann je nach Gericht und Verfahren durchaus mehrere Jahre dauern. Bei der einstweiligen Verfügung erfolgt die Entscheidung regelmäßig spätestens binnen drei Wochen nach Antragstellung. Hat der Antrag Erfolg, hat der Anspruchsteller gegenüber seinem Gegner einen entsprechenden Eindruck gemacht und nachhaltig seinen Standpunkt verdeutlicht. Schlägt der Anspruch fehl, hat er seine Rückmeldung sehr viel schneller und kostengünstiger erhalten als durch einen ordentlichen Zivilprozess.
Häufig erlässt das Gericht die einstweilige Verfügung nicht durch Beschluss, sondern beraumt einen kurzfristigen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Dort besteht Gelegenheit zur Führung gerichtlich moderierter Vergleichsverhandlungen, was gerade bei störrischen Anspruchsgegnern Wunder wirken kann. Gelingt der Vergleichsschluss, ist ein schneller Vollstreckungstitel gewonnen. Solange die Parteien sich einig sind, sind der Gestaltungsfreiheit keine Grenzen gesetzt. Sind gerichtliche Genehmigungen erforderlich, bietet ein solcher Vergleich zudem die Möglichkeit, das langwierige und umständliche Genehmigungsverfahren zu vermeiden, indem das Gericht um Unterbreitung eines entsprechenden Vorschlags gebeten wird (§ 1854 Nr. 6 BGB). Der Vergleich sollte zur Vermeidung von Unstimmigkeiten gleichwohl vorbereitet und mit dem/der zuständigen Rechtspfleger/in vorbesprochen werden. Auch die Kosten für einen sonst etwa erforderlich werdenden Verfahrenspfleger und/oder Notar werden eingespart.
Wenn Sie als Nachlasspfleger, ‑verwalter, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Betreuer oder auch als Privatperson Ansprüche auf Grundbuchberichtigung oder Begründung oder Löschung eines Rechts geltend machen müssen, sprechen Sie uns an. Wir helfen gern.