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GbR-Abfindungsanspruch ist keine Insolvenzforderung

Vor dem LG Mann­heim (LG Mann­heim, Urteil vom 08.06.2017 — 10 O 57/16) strit­ten zwei ehe­ma­li­ge Gesell­schaf­ter einer GbR mit dem Insol­venz­ver­wal­ter dar­über, wie ihr behaup­te­ter und kurz vor Insol­venz­an­trag­stel­lung ent­stan­de­ner Abfin­dungs­an­spruch insol­venz­recht­lich zu behan­deln ist.

Sach­ver­halt

Die Klä­ger tra­ten in den Jah­ren 2006 bzw. 2007 der S. GbR (Schuld­ne­rin) als Gesell­schaf­ter bei. Die Schuld­ne­rin war als „Akti­en­club“ tätig und ihr Ziel war es, lang­fris­ti­ges gemein­sa­mes Wert­pa­pier­spa­ren zu för­dern. Die Gesell­schaf­ter und damit auch die Klä­ger zahl­ten „Anla­ge­be­trä­ge“ auf Kon­ten ein, die teil­wei­se der Schuld­ne­rin und teil­wei­se Drit­ten zuge­ord­net wur­den. Die Schuld­ne­rin führ­te mit den von den Gesell­schaf­tern ein­ge­zahl­ten Beträ­gen Gemein­schafts­de­pots. Die Anla­ge erfolg­te in Akti­en, ver­zins­li­che Wert­pa­pie­re sowie Invest­ment­fonds­an­tei­le als auch Zer­ti­fi­ka­te. Die Einlagen/Kapitalanlagebeträge der Mit­glie­der wur­den als Bruch­stück­an­tei­le des Gesell­schafts­ge­samt­ver­mö­gens geführt. Je € 100,00 Ein­zah­lung ent­spra­chen dabei einem vol­len Anteil an der Gesell­schaft.

Den Gesell­schaf­tern wurde das Recht ein­ge­räumt, ihren Anla­ge­be­trag durch Ein­zah­lun­gen zu erhö­hen oder nach einer (teil­wei­sen) Kün­di­gung sich (Teil-)Beträge zurück­zah­len zu las­sen. Eine Kün­di­gung war dabei jeweils zum Monats­en­de durch form­lo­se und schrift­li­che Erklä­rung mög­lich. Das Abfin­dungs­gut­ha­ben wurde dann jeweils zum Quar­tals­en­de an den (teil­wei­se) aus­schei­den­den Gesell­schaf­ter aus­ge­kehrt. Die Gesell­schaf­ter nah­men so mit ihren Anla­ge­be­trä­gen an den Kurs­ent­wick­lun­gen teil. Sei­tens der Schuld­ne­rin wurde den Gesell­schaf­tern durch schrift­li­che Mit­tei­lung die Ent­wick­lung des Gemein­schafts­de­pots und der indi­vi­du­el­len Anteils­wer­te mit­ge­teilt. Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob diese schrift­li­chen Mit­tei­lun­gen die tat­säch­li­che Wert­ent­wick­lung wie­der­ge­ben.

Der Klä­ger Ziff. 1 zahl­te ins­ge­samt 205.700 € in das Anla­ge­ver­mö­gen ein. Die Klä­ge­rin Ziff. 2 erbrach­te ins­ge­samt 45.000 €. Mit Schrei­ben vom 10.6.2009 erklär­te der Klä­ger Ziff. 1 seine und mit Schrei­ben vom 22.6.2009 erklär­te die Klä­ge­rin Ziff. 2 ihre Kün­di­gung. Beide ver­lang­ten gegen­über der Schuld­ne­rin die Aus­zah­lung ihres Abfin­dungs­gut­ha­bens, wel­ches sie der Höhe nach auf einen Aus­druck über die Kurs­ent­wick­lung begrün­de­ten. Der Aus­druck soll die auf der Inter­net­platt­form der Schuld­ne­rin auf­ge­führ­ten Werte wie­der­ge­ben.

Bereits im Vor­feld der Kün­di­gung hatte die BaFin am 25.4.2008 wegen Feh­lens einer Geneh­mi­gung nach § 32 KWG bei der Schuld­ne­rin ein Zah­lungs­ver­bot gegen die kon­to­füh­ren­de Bank aus­ge­spro­chen. Die Schuld­ne­rin sah sich daher dazu ver­an­lasst, am 10.11.2009 einen Antrag auf Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens zu stel­len. Mit Beschluss vom 18.1.2010 wurde das Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der Schuld­ne­rin eröff­net und im wei­te­ren Ver­lauf die Beklag­te zur Insol­venz­ver­wal­te­rin bestellt. Nach­dem die Klä­ger zunächst ihre For­de­run­gen zur Insol­venz­ta­bel­le ange­mel­det hat­ten, mel­de­ten sie am 1.7.2016 diese For­de­rung noch ein­mal als nach­ran­gi­ge For­de­rung gem. § 39 InsO an. Die Beklag­te bestritt die For­de­rung mit der Begrün­dung, dass es sich weder um (nach­ran­gi­ge) Insol­venz­for­de­run­gen han­deln würde, noch die Höhe der For­de­run­gen nach­ge­wie­sen seien. Mit ihrer Klage ver­folg­ten die Klä­ger ihr Begeh­ren wei­ter.

Ent­schei­dung des LG Mann­heim: Keine Auf­nah­me zur Insol­venz­ta­bel­le

Das LG Mann­heim weist die Klage aus meh­re­ren Grün­den zurück. Zunächst sieht es in den gel­tend gemach­ten Ansprü­chen der Klä­ger keine Insol­venz­for­de­run­gen. Die Klä­ger wür­den einen Abfin­dungs­an­spruch gel­tend machen, der los­ge­löst von den Vor­ga­ben der Nach­haf­tung nach §§ 736 Abs. 2, 739 f BGB, ein Anspruch auf Ein­la­gen­rück­ge­währ dar­stel­le. Ein Aus­zah­lung des Haft­ka­pi­tals sei aber erst nach Berich­ti­gung der Ver­bind­lich­kei­ten der Schuld­ne­rin mög­lich. Somit könne es sich bereits nicht um eine Insol­venz­for­de­rung han­deln.

Die Klä­ger wür­den auch keine Gläu­bi­ger­rech­te i.S.d. § 38 InsO gel­tend machen. Gläu­bi­ger­rech­te könn­ten zwar auch aus einem Gesell­schafts­ver­hält­nis erwach­sen und einen gesell­schafts­recht­li­chen Sinn­ge­halt beinhal­ten, wie z. B. beim Anspruch des Gesell­schaf­ters auf einen Gewinn­an­teil, aber die For­de­rung müsse sich aus dem Mit­glied­schafts­ver­hält­nis gelöst haben. An einer recht­li­chen Ver­selb­stän­di­gung fehle es im vor­lie­gen­den Fall jedoch. Der gel­tend gemach­te Abfin­dungs­an­spruch könne sich aus­schließ­lich aus einer stich­tags­be­zo­ge­nen Aus­ein­an­der­set­zungs­bi­lanz erge­ben. Diese fehle aber im vor­lie­gen­den Fall, sodass noch keine Ver­selb­stän­di­gung des Zah­lungs­an­spru­ches gege­ben sei.

Auch eine Qua­li­fi­zie­rung als nach­ran­gi­ge For­de­rung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO lehnt das LG Mann­heim ab. Die gel­tend gemach­ten For­de­run­gen auf Zah­lung des Abfin­dungs­gut­ha­bens seien nicht mit Ansprü­chen aus Dar­le­hen ver­gleich­bar, son­dern es sei die Gel­tend­ma­chung eines Anspruchs auf Ein­la­gen­rück­ge­währ.

Schluss­end­lich, so das LG Mann­heim, schei­te­re die Klage auch daran, dass die Klä­ger ihre For­de­run­gen nicht schlüs­sig dar­ge­legt hät­ten. Zwar sei von einer wirk­sa­men Kün­di­gung nach § 723 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 8 des Gesell­schafts­ver­tra­ges aus­zu­ge­hen, die Höhe des Abfin­dungs­an­spru­ches müsse jedoch der Gläu­bi­ger aus einer Abfin­dungs­bi­lanz, die zum Abfin­dungs­stich­tag zu erstel­len sei, abge­lei­tet wer­den. Eine sol­che Abfin­dungs­bi­lanz sei vor­lie­gend nicht vor­han­den. Der von den Klä­gern vor­ge­leg­te Aus­druck, der die von der Schuld­ne­rin in der Ver­gan­gen­heit ange­ge­be­nen Zah­len auf der Inter­net­platt­form wie­der­ge­be, sei nicht geeig­net, eine Abfin­dungs­bi­lanz zu sub­sti­tu­ie­ren. Der Aus­druck habe ledig­lich die Kurs­ent­wick­lung der Anla­gen dar­ge­stellt und sei kein Sal­den­an­er­kennt­nis i.S. eines Schuld­an­er­kennt­nis­ses oder abs­trak­ten Schuld­ver­spre­chens. Die Berech­nung eines Liqui­da­ti­ons­über­schus­ses ent­hal­te der Aus­druck zudem nicht. Da unstrei­tig von Sei­ten der Schuld­ne­rin keine Jah­res­ab­schlüs­se erstellt wor­den seien, fehle es auch an jeg­li­cher Grund­la­ge für die Fest­stel­lung der Anteils­wer­te und eines fik­ti­ven Liqui­da­ti­ons­er­geb­nis­ses. Auch die tat­säch­li­chen Umstän­de im Insol­venz­ver­fah­ren wür­den dar­auf schlie­ßen las­sen, dass die von der Schuld­ne­rin gegen­über den Klä­gern ange­ge­be­nen Werte nicht den tat­säch­li­chen

Recht­li­che Wür­di­gung

Die Rele­vanz des Urteils resul­tiert ins­be­son­de­re aus der Aus­sa­ge, dass der Abfin­dungs­an­spruch aus­ge­schie­de­ner GbR-Gesellschafter nicht als (nach­ran­gi­ge) Insol­venz­for­de­run­gen anzu­se­hen ist. Zugleich stellt das Gericht noch ein­mal dar, dass eine Berech­nung des Abfin­dungs­gut­ha­bens sei­tens des Gesell­schaf­ters anhand einer Abfin­dungs­bi­lanz vor­zu­neh­men ist und Mit­tei­lun­gen der Schuld­ne­rin über den aktu­el­len Stand diese nicht erset­zen kön­nen.

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