Im Rahmen von Kapitalanlagen beteiligen sich Anleger häufig an Fondsgesellschaften, die ihrerseits in Vermögensgegenstände, wie z. B. Schiffe oder Immobilien investieren. Ein besonderes Problem bei diesen Anlagen ist, dass Fondsgesellschaften gewinnunabhängige Auszahlungen an die Anleger vornehmen. Fällt die Fondsgesellschaft in Insolvenz, dann fordern Insolvenzverwalter teilweise die „Erstattung“ der gewinnunabhängigen Ausschüttungen ein. Im Urteil vom 20.2.2018 (II ZR 272/16) beschäftigte sich der BGH mit der Frage, welche Anforderungen an die Darlegung durch den Insolvenzverwalter zu stellen sind.
Sachverhalt
Der Beklagte beteiligte sich als Kommanditist mit einem Kommanditanteil von 15.000 € an der 2002 gegründete M. „Shipping GmbH & Co.-KG” (Schuldnerin). Diese erwirtschaftete mit Ausnahme des Jahres 2006 durchgehend Verluste. Ausweislich des Kapitalkontos des Beklagten war dieses bereits im Beitrittsjahr unter die Hafteinlage herabgemindert. In den Jahren 2004 bis 2007 erhielt der Beklagte von der Schuldnerin einen Betrag in Höhe von insgesamt 5.100 €. Mit Beschluss vom 1.4.2014 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. In dem Eröffnungsbeschluss wurde zugleich Termin zur Gläubigerversammlung für den 11.6.2014 bestimmt. Über die Insolvenzverfahrenseröffnung wurde der Beklagte informiert. Durch weiteren Beschluss vom 14.4.2014 wurde auch über das Vermögen der Komplementär-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger ebenfalls zum Insolvenzverwalter bestellt.
Im gerichtlichen Verfahren verlangt der Kläger von dem Beklagten die Erstattung von 2.600€, nachdem der Beklagte bereits außergerichtlich einen Betrag in Höhe von 2.500 € gezahlt hatte. Seine Forderung begründet der Kläger u. a. damit, dass er Forderungen der Gläubiger gegen die Insolvenzschuldnerin gem. der von ihm vorgelegten Insolvenztabelle darlegt. Nachdem das Amtsgericht der Klage stattgab und auch die Berufung ohne Erfolg blieb, verfolgte der Beklagte mit der Revision seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidung des BGH: Ausreichende Darlegung durch Insolvenztabelle
Der BGH bestätigt den Anspruch des Klägers. Durch die eingetretenen Verluste sei der Kapitalanteil des Beklagten herabgemindert worden und die Zahlung von 5.100 € sei als Rückzahlung der Hafteinlage anzusehen. Die Folge sei, dass die persönliche Haftung nach
§ 172 Abs. 4 S. 2 HGB insoweit wieder entstanden sei.
Soweit für die Geltendmachung des Anspruches notwendig sei, dass der Kläger die Leistung des Beklagten benötige, um die Gesellschaftsgläubiger befriedigen zu können, könne sich dieser auf die Insolvenztabelle berufen. Zur Darlegung sei es ausreichend, wenn der Kläger die Insolvenztabelle vorlege . Aus der von dem Kläger überlassenen Insolvenztabelle seien festgestellte Gläubigerforderungen von 1.953.512,14 € ersichtlich. Es lägen auch keine Widersprüche gegen die Forderungen vor. Eine weitere Substantiierung bzw. Individualisierung der Angaben sei seitens des Klägers nicht notwendig.
Das Bestreiten des Beklagten sei dagegen nicht hinreichend gewesen. Dem Beklagten sei ein weitergehendes Bestreiten möglich gewesen, da er diese Information von der Schuldnerin hätte einfordern kann. Darüber hinausgehend ist das Bestreiten im vorliegenden Fall unbeachtlich, da dem Beklagten diese Einwendung aufgrund der widerspruchslosen Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle nach §§ 129 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB abgeschnitten sei. Die Feststellung zur Insolvenztabelle habe die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils. Eine solche Wirkung trete auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein. Nach § 161 Abs. 2 HGB seien diese Grundsätze auch auf die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB anzuwenden.
Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH führt nicht zu einer anderen Bewertung. Zwar sei die Komplementärin aufgrund der eigenen Insolvenz aus der GmbH & Co. KG ausgeschieden, die verbliebenen Kommanditisten seien jedoch berufen, die Gesellschaft im Insolvenzverfahren zu vertreten, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung vorsehe. Die Kommanditisten und damit auch der Beklagte hätten sich entsprechend ihrer Stellung in der Gesellschaft um die Erhebung eines Widerspruchs im Prüfungstermin bei der Komplementär-GmbH bzw. auf Gesellschafterebene bemühen können.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung des BGH bestätigt die erheblichen Darlegungserleichterungen für einen Insolvenzverwalter bei der Verfolgung von Ansprüchen gegen Kommanditisten. Es muss jedem Kommanditisten dringend geraten werden, sich bereits im Insolvenzverfahren über die angemeldeten Forderungen zu unterrichten und ggf. einen Widerspruch zu den angemeldeten Forderungen zu bewirken.