Im Rahmen der Eigenverwaltung kommt neben dem Sachwalter auch dem Sanierungsgeschäftsführer eine besondere Position zu. Sanierungsgeschäftsführer sind nicht nur in die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen eingebunden, sondern wirken bereits bei der Erstellung der Sanierungspläne mit. Das OLG Düsseldorf hatte in seinem Urteil vom 07.09.2017 I‑16 U 33/17 zu entscheiden, ob und inwieweit Sanierungsgeschäftsführer bei Scheitern des Insolvenzplans durch Dritte in Anspruch genommen werden können.
Sachverhalt
Die Schuldnerin, eine GmbH & Co. KG, die im Weiteren zu einer GmbH umgewandelt wurde, geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Beklagte war zunächst als Sanierungsexperte für die Schuldnerin tätig. Am 30.3.2014 wurde nicht nur das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, sondern zugleich die Eigenverwaltung gemäß Antrag der Schuldnerin vom 30.01.2014 angeordnet. Während Rechtsanwalt Dr. zum Sachwalter ernannt wurde, arbeitete der Beklagte ab dem 17.9.2014 als Geschäftsführer für die Schuldnerin. Während seiner Tätigkeit verfasste der Beklagte zusammen mit weiteren Geschäftsführern einen Insolvenzplan, mit dem u.a. die Befriedigung von Gläubigern geregelt werden sollte. Am 04.11.2014 stimmte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu. In der Folge bestellte die Schuldnerin am 09.12.2014 bei der Klägerin Bekleidung mit Liefertermin 29.04.2015 und gleichzeitiger Zahlungsvereinbarung von 70 Tagen. Nachdem das Insolvenzverfahren mit Beschluss des AG vom 28.01.2015 aufgehoben worden war und der Sachwalter mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 29.01.2015 mit der Überwachung des gestalteten Teil des Insolvenzplanes beauftragt wurde, lieferte die Klägerin wie vereinbart und stellte am 06.05.2015 eine Rechnung über 87.120,49 €.
Am 18.06.2015 stellte die Schuldnerin einen erneuten Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit. Im weiteren Verlauf wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von 87.120,49 €. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidung des OLG Düsseldorf: Keine Haftung
Das OLG Düsseldorf folgt dem LG und hält einen Anspruch der Klägerin für nicht gegeben.
Zunächst verneint das OLG einen vertraglichen Anspruch der Beklagten. Der Beklagte habe ausschließlich für die Schuldnerin gehandelt. Es fehle an der Begründung einer persönlichen Einstandspflicht des Beklagten. Für eine solche kämen nur ein Schuldbeitritt, Garantieversprechen, Schuldversprechen sowie Schuldanerkenntnis oder eine Bürgschaft in Betracht. Entsprechendes sei aber nicht vereinbart worden.
Ein Anspruch sei auch nicht nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB gegeben. Geschäftsführer würden grundsätzlich nach § 43 GmbHG nur im Verhältnis zur Gesellschaft haften und nicht gegenüber Dritten. Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers ließe sich gegenüber Dritten allenfalls nach § 311 Abs. 3 BGB begründen. Hierfür bedürfe es jedoch eines Verschuldens bei Vertragsschluss, welches vorliege, wenn der Geschäftsführer die Verhandlung oder den Vertragsabschluss aufgrund eigenen wirtschaftlichen Interesses herbeiführe oder er ein persönliches Vertrauen gegenüber dem Vertragspartner in Anspruch nehme. Im vorliegenden Fall, so das OLG, sei beides nicht gegeben. Das wirtschaftliche Interesse habe im vorliegenden Fall ausschließlich bei der Schuldnerin gelegen. Bei dem Beklagten sei nicht einmal ein mittelbares Interesse an dem Vertrag zu verzeichnen gewesen. Auch ein besonderes persönliches Vertrauen habe der Beklagte nicht in Anspruch genommen. Der Umstand, dass er als Sanierungsexperte involviert sei, sei kein ausreichender Gesichtspunkt um ein besonderes Vertrauen zu begründen. Man müsse im Rahmen von Sanierungsbemühungen davon ausgehen, dass ein Geschäftsführer eine besondere Sachkunde besitze. Auch die Mitwirkung an der Erstellung des Insolvenzplanes sei nicht ausreichend. Vielmehr habe der Beklagte selbst darauf vertraut, dass die Schuldnerin im Rahmen des Insolvenzplanes ihre vertraglichen Verpflichtungen erfülle. Er habe in den Verhandlungen mit der Beklagten kein besonderes Vertrauen, sondern das allgemeine Vertrauen eines Geschäftsführers in Anspruch genommen. Schlussendlich verneint das OLG Düsseldorf auch eine Haftung nach §§ 60, 61 InsO analog. Es mangele insoweit bereits an einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke. Der Gesetzgeber habe eine Begrenzung der Haftung auf Insolvenzverwalter und Sachwalter gewollt. Im Bewusstsein einer Gefahr gläubigerschädigenden Verhaltens seitens der Schuldnerin habe der Gesetzgeber auf das Gelingen der Eigenverwaltung gesetzt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Geschäftsführer im Gegensatz zu Insolvenzverwaltern und Sachwaltern keine Amtswalterfunktion besitzen. Diese komme ausschließlich im Rahmen der Eigenverwaltung der Gesellschaft zu. Infolge dessen müsse der Sanierungsgeschäftsführer nicht wie ein Insolvenzverwalter oder Sachwalter behandelt werden.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist konsequent. Es ist nicht ersichtlich, wieso einem Sanierungsgeschäftsführer weitere Haftungsrisiken aufgebürdet werden sollen als anderen Geschäftsführern. Zu beachten ist hier zum einen, dass das OLG die Revision zugelassen hat. Zum anderen gilt es zu beachten, dass anderweitige Haftungstatbestände, wie z. B. Insolvenzverschleppung auch hinsichtlich des Sanierungsgeschäftsführers weiterhin in Betracht kommen.