Das OLG Düsseldorf setzte sich in seiner Entscheidung vom 24.10.2022 – 12 W 14/22 insbesondere mit den Voraussetzungen einer anfechtbaren Rechtshandlung sowie deren Kausalität für eine Gläubigerbenachteiligung auseinander.
Sachverhalt
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin (S). S hatte zwei Konten bei verschiedenen Banken. Beide Konten hatte das Finanzamt des beklagten Landes gepfändet. Dem Geschäftsführer von S war nur eine der beiden Pfändungen bekannt. Er war der Meinung, die Steuerforderungen würden nur befriedigt, wenn sein Drittschuldner auf das nach seiner Meinung gepfändete Konto zahle. Er wies deshalb den Drittschuldner an, einen Rechnungsbetrag auf dieses Konto zu überweisen. Aufgrund der Kontopfändung vereinnahmte das beklagte Land das Geld. Der Prozesskostenhilfeantrag des Insolvenzverwalters hatte beim Landgericht keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich seine Beschwerde.
Entscheidung des OLG Düsseldorf: Keine Kausalität für Gläubigerbenachteiligung
Die gegen den abweisenden Beschluss des LG gerichtete Beschwerde des Insolvenzverwalters blieb vor dem OLG ohne Erfolg. Das Land habe zwar nicht bereits vor der Rechtshandlung der Schuldnerin, also der Anweisung des Geschäftsführers, ein unanfechtbares Absonderungsrecht an dem Kontoguthaben erlangt, es fehle jedoch sowohl an der Ursächlichkeit der Rechtshandlung für die Gläubigerbenachteiligung, als auch an einer Kenntnis des Landes vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der S.
Zwar stelle die Anweisung des Geschäftsführers von S an den Drittschuldner, die Überweisung auf das gepfändete Konto zu veranlassen, eine Rechtshandlung i.S.d. §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO dar und könne damit grundsätzlich auch deshalb der Vorsatzanfechtung unterliegen, weil durch sie zum Erfolg der Zwangsvollstreckung durch das beklagte Land beigetragen worden sei. Hierfür sei eine mitwirkende Rechtshandlung des Schuldners ausreichend, ohne dass sie die einzige Ursache für die Gläubigerbenachteiligung bilden müsse. Nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH müsse der Beitrag des Schuldners bei wertender Betrachtung dazu führen, dass die Vollstreckungstätigkeit zumindest auch als eigene, willensgeleitete Entscheidung des Schuldners anzusehen sei. Hieran fehle es, wenn der Schuldner sich darauf beschränkt, die berechtigte Vollstreckung eines Gläubigers hinzunehmen und sich angesichts einer bevorstehenden oder bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahme nicht anders verhält, als er es ohne die Vollstreckungsmaßnahme getan hätte. Dies sei regelmäßig anzunehmen, wenn der Schuldner seinen Geschäftsbetrieb in der bisher geübten Weise fortsetzt. Gemessen an diesen Grundsätzen läge ein Mitwirkungsbeitrag vor, welcher die Qualifizierung der streitgegenständlichen Vermögensverlagerung als Rechtshandlung der S rechtfertigt. Vorliegend habe S mit der Anweisung veranlasst, dass auf das bereits gepfändete Bankkonto Zahlungen aus ihrem allgemeinen Vermögen eingehen und damit zu einem Entstehen des Pfandrechts beigetragen. Dabei hat sich der Geschäftsführer der S gerade nicht wie sonst üblich verhalten und seinen Geschäftsbetrieb in der bisher geübten Weise fortgesetzt, sondern die Vertragspartnerin in Kenntnis der Vollstreckungsmaßnahme des Landes dazu gebracht, den ausstehenden Rechnungsbetrag auf ein bestimmtes Konto zu überweisen.
Allerdings schloss das OLG die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung der Schuldnerin aus, weil eine Ursächlichkeit für die Gläubigerbenachteiligung nicht gegeben sei. Eine solche sei dann gegeben, wenn die Gläubiger ohne die Rechtshandlung eine bessere Befriedigung erlangt hätten. Dabei sei allein auf den realen Geschehensablauf abzustellen und für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe kein Raum.
Die Ursächlichkeit für die Gläubigerbenachteiligung sei vorliegend deshalb zu verneinen, weil beide Konten der Schuldnerin gepfändet waren und die Rechtsfolgen der Rechtshandlung deshalb ohne Einfluss auf die Befriedigungsaussichten der Gläubigergesamtheit geblieben sind. Auf die subjektive Vorstellung des Geschäftsführers der Schuldnerin komme es bei der Beurteilung der Ursächlichkeit nicht an. Der Anspruch des Antragstellers scheitere überdies an der fehlenden Kenntnis des für das gegnerische Land handelnden Finanzamts vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Geschäftsführers der Schuldnerin.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung des OLG begründet überzeugend, dass vorliegend eine Rechtshandlung gegeben war. Die Ablehnung der Kausalität und der Kenntnis vom Glaubigerbenachteiligungsvorsatz bewegt sich im Rahmen der aktuellen Rechtsprechung.