Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 11.07.2017 – 1BvR 1571/15, 1BvR 1588/15, 1BvR 2803/15, 1BvR 1043/16 und 1BvR 1477/16 entschieden, dass das neue Tarifeinheitsgesetz „weitgehend“ mit dem Grundgesetz vereinbar ist, allerdings nur „bei verfassungsgemäßer Auslegung“.
Der Gesetzgeber müsse nun dafür sorgen, dass die maßgeblichen Belange der Angehörigen einzelner Berufsgruppen oder Branchen bei der Verdrängung bestehender Tarifverträge ausreichend im Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft berücksichtigt werden.
Dies müsse der Gesetzgeber neu und ergänzend regeln bzw. sicherstellen und hat dafür bis Ende 2018 Zeit – solange gilt also die gesetzliche Neuregelung höchstens. Zwei der entscheidenden Richter des Senats haben sich gegen das Gesetz ausgesprochen und waren der Meinung, dass der entsprechende § 4 a Tarifvertragsgesetz verfassungswidrig und damit nichtig sei.
Die Entscheidung wird in der Praxis natürlich für maximale Unklarheit sorgen, denn in Zukunft müssen nun Arbeitsgerichte zusätzlich zu den schon in der Vergangenheit oftmals hochkomplexen Streitfragen zwischen den Parteien im Arbeitskampf noch entscheiden, ob zusätzlich diese im Einzelnen nicht näher konkretisierten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, eingehalten sind. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht jedenfalls gesagt, dass das Streikrecht jeder Gewerkschaft unangetastet bleiben muss. Das gilt selbst dann, wenn das mit dem Streik angestrebte Tarifergebnis später durch das neue Mehrheitsprinzip eines anderen Tarifvertrages verdrängt würde.
Damit hat der Gesetzgeber jedenfalls das erklärte Ziel seines Gesetzes nicht erreicht, das ursprünglich und hauptsächlich darin bestand, die Anzahl von und die Bereitschaft zu Streiks bei den Gewerkschaften zu minimieren. Stattdessen ist ein „Mehr“ an rechtlichem Klärungsbedarf in den Tarifstreitigkeiten erzeugt worden mit derzeit völlig unklarem Ausgang.