Bislang galt: War die tatsächliche Wohnfläche kleiner oder größer als die vereinbarte Fläche und betrug die Flächendifferenz maximal 10%, wurde bei einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nicht die tatsächliche Größe zugrunde gelegt, sondern die vereinbarte Fläche — also ein virtueller Wert. Bei darüberhinausgehenden Abweichungen (von mehr als 10 %) stand der jeweils benachteiligten Partei ein Anspruch auf Vertragsanpassung zu. Im Ergebnis war dann bei der Mieterhöhung die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich.
Diese Rechtsprechung hat der BGH mit in einem Urteil vom 18.11.2015 ausdrücklich aufgegeben. Nunmehr gilt, dass die ortsübliche Vergleichsmiete allein anhand des objektiven Zustands der Wohnung zu ermitteln ist. Subjektive Beurteilungen und Vereinbarungen über die Beschaffenheit der Wohnung spielen hier keine Rolle.
Die Bedeutung der Entscheidung geht weit über den Einzelfall und die entschiedene Rechtsfrage hinaus. Die Entscheidung betrifft explizit den Fall der im Mietvertrag vereinbarten kleineren Fläche. Da es aber keinen Grund für eine unterschiedliche Behandlung des umgekehrten Falls gibt – im Mietvertrag vereinbarte größere als tatsächlich vorhandene Fläche –, muss man auch in diesem Fall in Zukunft immer von der tatsächlichen Fläche ausgehen, unabhängig davon, ob die Flächenabweichung mehr oder weniger als 10% beträgt. Zudem führt die Berücksichtigung der tatsächlichen Fläche im letzteren Fall auch dazu, dass die Wohnung ab der ersten Mieterhöhung bei Abweichungen von mehr als 10% keinen (zur Mietminderung berechtigenden) Mangel aufweist, da zwar im Mietvertrag weiter die falsche Wohnfläche steht, bei der Mietberechnung jetzt aber die richtige Fläche berücksichtigt wurde. Es wurde damit die Soll- der Ist-Beschaffenheit angepasst.
BGH, Urteil vom 18.11.2015 — VIII ZR 266/14
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