In seinem Urteil vom 21.3.2017 — II ZR 93/16 beantwortete der BGH die Frage, wann die Bestellung einer dinglichen Sicherheit durch die Schuldnerin für den Darlehensrückzahlungsanspruch eines Dritten gegen ihren Gesellschafter als verbotene Auszahlung nach § 30 GmbHG bewertet werden muss.
Sachverhalt
Die G. mbH & Co. KG (Schuldnerin) – deren Kommanditisten die Beklagten sind — war Eigentümerin eines Grundstückes in G. und stellte eine Buchgrundschuld auf diesem Grundstück mit Zweckerklärung vom 7.7.2003 zur Absicherung einer Darlehensforderung der S. Bank gegen die frühere Beklagte zu 1 zur Verfügung.
Im Juni 2011 kündigte die S. Bank das Darlehen. Zudem kam es am 6.12.2011 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin und zur Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter. In dem Insolvenzverfahren meldete die S. Bank eine Forderung über 306.604,92 € zur Tabelle an und machte eine abgesonderte Befriedigung aus der Grundschuld geltend. Die Beklagte zu 1 gab ihrerseits am 21.3.2013 die eidesstattliche Versicherung über ihre Vermögensverhältnisse ab. In Abstimmung mit der S. Bank verkaufte der Kläger am 18.10.2013 das Grundstück zu einem Kaufpreis von 74.000 €. Von diesem Kaufpreis erhielt die Insolvenzmasse 4.998 € als Kostenbeitrag. Die S. Bank erhielt 54.876,63 € und der Restbetrag wurde an die Stadt G. gezahlt.
Mit seiner Klage, die am 31.12.2014 bei Gericht einging, verlangt der Kläger von der Beklagten zu 1 eine Zahlung von 54.876,63 € und von den weiteren Beklagten zu 2 bis 4 jeweils die Feststellung, dass sie verpflichtet sind, jeweils einen Betrag von 8.521,53 € bei Ausfall der Beklagten zu 1 an die Insolvenzmasse zu zahlen sowie jeweils diesen Betrag bei Ausfall der weiteren Beklagten. Das LG hat mit Teilversäumnisurteil die Beklagte zu 1 zur Zahlung verurteilt und die Klage gegen die Beklagte zu 2 bis 4 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers, mit der er weiterhin verlangt, dass die Beklagten zu 2 bis 4 jeweils eine Zahlung von 8.521,53 €, sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung dieses Betrages bei Ausfall der weiteren Beklagten, wurde durch das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Entscheidung des BGH: Keine Zahlungsverpflichtung der Mitgesellschafter
Grundsätzlich bestätigt der BGH die Auffassung des OLG, dass eine Zahlung aus dem Vermögen der KG an einen Gesellschafter eine nach § 30 Abs. 1 GmbHG verbotene Auszahlung darstellen kann, wenn hierdurch das Vermögen der GmbH oder die Stammkapitalziffer sinkt oder eine bilanzielle Überschuldung zumindest vertieft wird. Weiter hält der BGH auch eine Sicherheitenbestellung für geeignet, um die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 GmbHG zu erfüllen.
Im vorliegenden Fall sei jedoch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten nicht entstanden oder zumindest bereits verjährt. Eine Verjährung sei anzunehmen, weil eine verbotene Auszahlung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht erst mit der Verwertung der Sicherheit eintrete, sondern bereits mit der Bestellung der dinglichen Sicherheit, sofern der Gesellschafter voraussichtlich nicht zur Rückzahlung der abgesicherten Verbindlichkeit in der Lage sei und eine Unterbilanz entstehe bzw. vertieft würde.
Die Bestellung einer dinglichen Sicherheit könne ein Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG sein, da nicht nur Geldleistungen an Gesellschafter selbst, sondern jegliche Leistungen zugunsten eines Gesellschafters eine Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellen könne. Mit der Überlassung einer Grundschuld zur Absicherung eines Darlehens zugunsten des Gesellschafters würde den übrigen Gläubigern der Zugriff auf diese entzogen. Man könne wirtschaftlich auch nicht zwischen einer Darlehensgewährung durch die Gesellschaft selbst oder eine Sicherheitenbestellung unterscheiden. Müsse die Darlehensauszahlung an den Gesellschafter selbst als Auszahlung i.S.d. § 30 GmbHG bewerten werden, so müsse man auch die Absicherung eines Darlehens als wirtschaftliches Äquivalent bewerten, wenn die Inanspruchnahme der Sicherheit wahrscheinlich sei.
Auch bei der Sicherheitenbestellung müsse man ermitteln, ob diese zu einer Unterbilanz führe. Es möge zwar so sein, dass die Sicherheitenbestellung in der Handelsbilanz keine unmittelbare Auswirkung habe, maßgeblich sei jedoch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Würde der Sicherheitenbestellung ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gegenüberstehen, so könne man wirtschaftlich nicht von einer Auszahlung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ausgehen. Sei jedoch der Freistellungsanspruch nicht werthaltig, so müsse man von einer Auszahlung i.S.d. § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbH ausgehen. Sei der Gesellschafter in einer ex-ante-Betrachtung bei Sicherheitengewährung in der Lage eine ausreichende Bonität für die Rückführung des Darlehens aufzubringen, müsse man nicht von einer Inanspruchnahme der Sicherheit ausgehen. Für die Geschäftsführung sei es auch unschädlich, wenn ein ursprünglich werthaltiger Freistellungsanspruch im weiteren zeitlichen Verlauf eine Verschlechterung erfahre und eine Werthaltigkeit des Freistellungsanspruches in Frage gestellt sei. Maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt der Sicherheitenvergabe.
Im vorliegenden Fall, so der BGH, seien sich Beteiligten einige, dass die Sicherheitenbestellung keine Unterbilanz bewirkt habe. Ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 3 GmbHG bestehe daher nicht.
Rechtliche Würdigung
Zwar stellt der BGH klar, dass für die Beurteilung nach §§ 30, 31 GmbHG auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung abzustellen ist. Für Geschäftsführer gilt es jedoch zu beachten, dass, so der BGH auch noch einmal ausdrücklich in seinem Urteil, eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG eintreten kann, wenn sie eine Verschlechterung der Vermögenslage beim Gesellschafter nicht überwachen und bei Eintritt einer Verschlechterung Maßnahmen ergreifen.