Die Vormerkung gilt üblicherweise als die beste Möglichkeit grundstücksbezogene Ansprüche insolvenzfest zu sichern. In welchem Umfang eine solche Sicherungswirkung auch für künftige und unentgeltliche Ansprüche besteht war Gegenstand der Entscheidung des BGH vom 25.3.2021 — IX ZR 70/20.
Sachverhalt
Die Kläger sind die Eltern des Schuldners (S). S war Eigentümer eines mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstückes in Mainz. Mit notarieller Urkunde vom 13.11.2012 unterbreitete S den Klägern ein unbefristetes und unwiderrufliches Kaufangebot über das Hausgrundstück. S bewilligte und beantragte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Kläger, jeweils zu ½. Anstelle eines bar zu erbringenden Kaufpreises sollten sich die Kläger zu der Übernahme von zwei auf dem Grundstück lastenden Grundschulden von nominal jeweils € 200.000,00 sowie einer weiteren zu Gunsten der Klägerin Ziff. 1 zu bestellenden Grundschuld von nominal € 86.000,00 verpflichten. Für den Fall der Annahme des Vertragsangebotes bevollmächtigte der Schuldner die Kläger unwiderruflich die Auflassung des Vertragsgegenstandes zu erklären und dessen Umschreibung nebst sonstigen Eintragungen im Grundbuch zu bewilligen. Die Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgte am 20.11.2012. Mit notarieller Urkunde vom 18.12.2014 nahmen die Kläger das Kaufvertragsangebot an.
Die Beklagten haben gegen S Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt € 233.905,70 die durch rechtskräftiges Urteil tituliert sind. Dem lag eine Schadenersatzklage zugrunde, die dem Schuldner am 24.8.2012 zugestellt worden war. Am 20.01.2015 gab der Schuldner auf Betreiben des Beklagten Ziff. 1 die Vermögensauskunft ab. Am 16.2.2015 beantragten die Beklagten die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken auf dem Hausgrundstück des Schuldners, die am 28.4.2015 erfolgte. Am 21.10.2015 wurden die Kläger in Bruchteilsgemeinschaft jeweils zur Hälfte als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Bewilligung der Löschung der Zwangssicherungshypotheken in Anspruch. Mit der erstinstanzlich am 29.6.2018 eingegangenen, u.a. auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Widerklage haben die Beklagten die Anfechtung der am 20.11.2012 eingetragenen Auflassungsvormerkung sowie der Auflassung vom 18.12.2014 erklärt und sich hierbei auf §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 AnfG gestützt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert, die Klage abgewiesen und die Widerklage im Wesentlichen zuerkannt. Mit der zugelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidung des BGH: Vormerkung schützt die Kläger frühzeitig
Der Bundesgerichtshof hebt die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf und weist die Sache an das Berufungsgericht zurück.
Noch zutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Anspruch der vorrangig vormerkungsgesicherten Kläger auf Zustimmung zur Löschung der Zwangssicherungshypotheken gem. §§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 BGB entstanden sei. Die Begründung des Berufungsgerichts trage jedoch nicht die Anfechtbarkeit der Eigentumsübertragung die dem Anspruch der Kläger einredeweise entgegengehalten werden könnte (§ 9 AnfG). Auf den Streitfall finde das AnfG in der ab dem 5.4.2017 geltenden Fassung Anwendung, weil die Anfechtbarkeit erst mit der am 9.7.2018 zugestellten Widerklage vom 29.6.2018 gerichtlich geltend gemacht worden sei. Das Berufungsgericht habe in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Anfechtungsberechtigung der Beklagten mit selbstständig tragender Begründung gem. § 2 Fall 2 AnfG bejaht. Dabei habe es erkannt, dass die Voraussetzungen des § 2 AnfG zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen müssen. Die Revision nimmt somit die Feststellung des Berufungsgerichts hin, das Hausgrundstück sei Anfang des Jahres 2014 der einzig verbliebene Vermögenswert des Schuldners gewesen. An die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, der Schuldner habe nach Abgabe der Vermögensauskunft im Jahr 2015 seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht – und erst recht nicht in dem zum Begleichen der ganz erheblichen Forderung der Beklagten nötigen Umfangs – wiedererlangt, sei das Revisionsgericht gebunden. Es könne lediglich überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und dem Beweisergebnis umfassend widerspruchsfrei auseinandergesetzt habe, die Beweiswürdigung somit vollständig und rechtlich möglich sei sowie nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (§ 286 ZPO). Die Beweiswürdigung halte diesen Anforderungen stand. Gegenstand der anfechtungsrechtlichen Beurteilung sei die erfolgte Übertragung des Hausgrundstücks auf Grundlage des Kaufvertragsangebotes vom 13.11.2012. Gegenstand der Anfechtung sei der gesamte diesen Rechtserfolg auslösende Vorgang. Dieser beginne mit der Abgabe des notariellen Kaufvertragsangebotes und ende mit der Eintragung der Kläger als Eigentümer im Grundbuch. Das Berufungsgericht habe sich allein auf § 4 Abs. 1 AnfG gestützt und dahinstehen lassen, ob auch die Vorrausetzung für eine Vorsatzanfechtung erfüllt seien. Die Anfechtung der Eigentumsübertragung greife aber schon deshalb nicht durch, weil die Anfechtung durch die Beklagten außerhalb der 4‑Jahresfrist erfolgt sei. Der nach § 8 Abs. 2 S. 2 AnfG maßgebliche Zeitpunkt sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Zeitpunkt der Auflassung am 18.12.2014, sondern spätestens derjenige der Eintragung der Vormerkung am 20.11.2012. Damit erfolgte die erstmalige Geltendmachung der Anfechtbarkeit mit der Widerklage vom 29.6.2018 zu spät. Entsprechend sei auch die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Widerklage rechtsfehlerhaft. Für die Fristenberechnung nach § 4 Abs. 1 AnfG komme es auf den Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung an, entsprechend § 8 Abs. 1 AnfG gelte eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
Bei Registergeschäften wird dieser Zeitpunkt vorverlegt, es genüge vorliegend bereits der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung. Eine bindende Auflassungserklärung sei für die Vorverlagerung nach § 8 Abs. 2 S. 2 AnfG nicht erforderlich. Die Vorverlagerung setze allerdings voraus, dass die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Eintragung der Vormerkung gegeben seien. Im Hinblick auf den Grundsatz der strengen Akzessorietät sei mithin das Vorhandensein eines zu sichernden schuldrechtlichen Anspruchs auf eine eintragungsfähige dingliche Rechtsänderung notwendig. Insoweit stehe der Anwendbarkeit des § 8 Abs. 2 S.2 AnfG nicht entgegen, dass durch die Vormerkung – wie hier – lediglich ein künftiger Anspruch gesichert werde, sofern der Rechtsboden schon soweit vorbereitet sei, dass die Entstehung des Anspruchs nur noch vom Willen des künftigen Anspruchsinhabers abhinge.
Bei auf dem Wortlaut gestützte Anwendung des § 8 Abs. 2 S. 2 AnfG gelte die Rechtshandlung also spätestens am 20.11.2012 als vorgenommen. Mit der Eintragung der Vormerkung an diesem Tag haben die Kläger eine sichere Rechtsstellung erlangt. Das Berufungsgericht habe demgegenüber eine teleologische Reduktion des § 8 Abs. 2 AnfG für den Fall vorgenommen das der Auflassungsvormerkung ein unentgeltliches Rechtsgeschäft zugrunde läge. Nicht der Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung einer Vormerkung, sondern frühestens der Zeitpunkt der Auflassung soll demnach maßgeblich sein. Dieser Auffassung sei nicht zu folgen. Schon der Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 2 AnfG differenziere im Hinblick auf den Beginn der Anfechtungsfrist nicht nach dem Grund der Vormerkung, § 8 AnfG bestimme für alle Anfechtungstatbestände einheitlich und verbindlich, wann eine Rechtshandlung als vorgenommen gelte. Dies diene der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Auch die mehrstufige Systematik des § 8 AnfG spreche für eine uneingeschränkte Privilegierung vormerkungsgesicherter Ansprüche. Abs. 1 und Abs. 2 der Norm stünden in einem Regel-/Ausnahmeverhältnis. Auch nach Sinn und Zweck des § 8 AnfG seine Einschränkung der Auslegung nicht geboten. § 8 AnfG folge ebenso wie der gleichlautende § 140 InsO ausnahmslos dem Rechtsgedanken, dass sich der Vornahme- und Wirkungszeitpunkt einer angefochtenen Rechtshandlung danach bestimmt, wann der Anfechtungsgegner durch sie eine gesicherte Rechtsstellung erlangt habe, die im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsse. Mit diesem Rechtsgedanken stehe die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 2 AnfG im Einklang, denn ein vormerkungsgesicherter Anspruch sei grundsätzlich gem. § 106 Abs. 1 InsO insolvenzfest. Eine Verfügung des Insolvenzverwalters über diesen Bestandteil des Schuldnervermögens sei dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam und schließe im Umfang der Sicherungswirkung der Vormerkung die Anwendung des § 103 InsO aus. Da auch künftige Ansprüche durch eine Vormerkung gesichert werden können (§ 883 Abs. 1 S. 2 BGB) unterfielen diese ebenfalls im Anwendungsbereich des § 106 Abs. 1 InsO, sofern an sich der Rechtsboden für die Entstehung des Anspruchs vorbereitet sei. Dies gelte auch dann, wenn sich der künftige vormerkungsgesicherte Anspruch erst nachträglich in einen existenten umwandle, sofern sich der Anspruchserwerb trotz Insolvenzeröffnung noch vollenden könne. Auf den Entstehungszeitpunkt des Anspruchs komme es für den Insolvenzschutz nicht an. Die Sicherungswirkung könne zwar erst nach Entstehung des Anspruchs geltend gemacht werden, dann jedoch mit rückwirkender Kraft ab Eintragung der Vormerkung. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hingen die Schutzwirkungen des § 106 Abs. 1 InsO nicht vom Rechtsgrund der gesicherten Forderung ab. Der Vormerkungsschutz des § 106 Abs. 1 InsO gelte auch bei einem unentgeltlichen Grundstücksgeschäft uneingeschränkt. Damit halte der Senat sogleich an dem Grundsatz fest, dass aus der Vormerkungsfähigkeit eines Anspruchs nach § 883 Abs. 1 BGB dessen Insolvenzfestigkeit nach § 106 Abs. 1 InsO folge. Schon der mit § 883 Abs. 1 BGB übereinstimmende Wortlaut des § 106 InsO beschränke seine Schutzwirkung weder auf Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen, noch auf entgeltliche Verträge. Der Schuldgrund auf dem der zu sichernde Anspruch beruhe sei für die Frage, ob der Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung gesichert werden könne gleichgültig. Aus der Gesetzesbegründung lasse sich ebenfalls kein Anhaltspunkt für eine Einschränkung der Schutzwirkung entnehmen. Auch im Hinblick auf die Systematik und den Zweck der Vorschrift erscheine es ebenfalls nicht überzeugend, den Schutz bei einem unentgeltlichen Grundstücksgeschäft zu begrenzen. Zwar spiegele sich in § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO die allgemeine Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs wieder. § 106 InsO bewirke aber das der Gegenstand schon nicht Bestand der Insolvenzmasse werde und der Fall daher nicht dem Anwendungsbereich des § 39 InsO unterfalle. Etwas Anderes folge auch nicht aus dem Grundsatz der Akzessorietät der Vormerkung. Danach steht und fällt die dingliche Rechtsposition mit dem gesicherten Anspruch. Der gesicherte Anspruch müsse zunächst wirksam entstanden sein und zum Zeitpunkt der Geltendmachung auch noch wirksam bestehen. Verleihe die Forderung auch bei einem unentgeltlichen Grundgeschäft eine insolvenzfeste Rechtsstellung, so veranlassen auch Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 S. 2 AnfG nicht die Änderung des anfechtungsrechtlichen maßgeblichen Zeitpunkts. Die vormerkungsgesicherte Auflassung setzte sich gem. §§ 883 Abs. 2 S. 2, 888 Abs. 1 BGB gegen eine nachrangige Zwangssicherungshypothek durch. Schon die Grundstücksbeschlagnahme sei gegenüber der älteren Auflassungsvormerkung wirkungslos. Eine Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunktes könne auch nicht mit einer geringen Schutzwürdigkeit des unentgeltlichen Erwerbs gerechtfertigt werden. Es handelt sich um einen Umstand den der Gesetzgeber mit der zum 1.1.1999 in Kraft getretenen Neufassung des AnfG im Rahmen des § 4 berücksichtigt habe. Insoweit sei die Rechtslage zum Nachteil des Anfechtungsgegners in doppelter Hinsicht verschärft worden. Die Anfechtungsfrist betrage einheitlich vier Jahre und zudem würde die Vornahme der unentgeltlichen Leistung innerhalb dieser Frist zu Lasten des Anfechtungsgegners vermutet. Eine Abweichung zum Nachteil des Anfechtungsgegners würde eine zusätzliche Beeinträchtigung des unentgeltlichen Erwerbs bedeuten, den der Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen habe. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm stehe einer teleologischen Reduktion entgegen. Eine Differenzierung nach dem wirtschaftlichen Charakter bei vormerkungsgesicherten Ansprüchen sei gerade nicht vorgenommen worden. Aufgrund des Ablaufs der 4‑Jahresfrist könne eine Anfechtung auch nicht auf § 3 Abs. 4 AnfG gestützt werden. Gleichwohl sei die Sache nicht zur Entscheidung reif. Nachdem revisionsrechtlich zur unterstellenden Vortrag der Beklagten komme eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG (Vorsatzanfechtung) in Betracht. Der Anwendungsbereich sei hinsichtlich der gewährten Deckung auch jenseits des 4‑Jahres-Zeitraums jedenfalls dann eröffnet, wenn das der angefochtenen Leistung zugrundeliegende Grundgeschäft die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung erfülle. Die Sache sei insoweit noch nicht entscheidungsreif, was der BGH weiter ausführt.
Rechtliche Würdigung
Die ausführlich begründete Auffassung des BGH vermag zu überzeugen. Die Vormerkung ist ein starkes Schutzinstrument, wobei es auf die Frage der Entgeltlichkeit nicht entscheidend ankommt, was der BGH gut herausarbeitet. Umso wichtiger ist es in kritischen Fällen zeitnah eine Prüfung von Anfechtungsmöglichkeiten in die Wege zu leiten, um die bestehenden Fristen zu wahren.[:][:]