Die Frage, ob das Registergericht die Löschung einer aufgelösten Gesellschaft alleine deshalb verweigern kann, weil ein Steuerverfahren geführt wird, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 9.11.2021 — II ZB 1/21 entschieden.
Sachverhalt
Die Antragstellerin, eine GmbH, wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 28.6.2018 aufgelöst. Am 16.7.2018 wurden die Gläubiger im Bundesanzeiger aufgefordert, sich bei der Gesellschaft zu melden. Der Liquidator der Antragstellerin meldete am 18.2.2020 die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma zum Handelsregister an. Das FA widersprach der Löschung mit der Begründung, dass ein Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Infolge dessen hat das Registergericht die Anmeldung zurückgewiesen, ohne weitere Informationen einzuholen. Hiergegen hat die Antragstellerin erfolglos Beschwerde eingelegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgte die Antragstellerin ihr Ziel einer Löschung weiter.
Entscheidung des BGH: Steuerverfahren alleine verhindert Löschung nicht
Die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1 FamFG ist nach Ansicht des BGH zulässig und begründet. Das Registergericht habe die Zurückweisung nicht ausreichend begründet. Richtig sei zwar, dass eine Löschung erst nach Beendigung der Liquidation im Handelsregister (§ 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG) erfolgen könne. Fehlerhaft sei jedoch das Beschwerdegericht davon ausgegangen, die Mitteilung des FA es würde ein Steuerverfahren geführt, reiche für sich alleine aus, um Zweifel an der Vermögenslosigkeit zu begründen.
Das Registergericht müsse prüfen, ob eine Eintragung ins Handelsregister den gesetzlichen Erfordernissen und der tatsächlichen Rechtslage entspreche. Bestünden keine Zweifel an der Vermögenslosigkeit einer Gesellschaft und dem tatsächlichen Abschluss der Liquidation, so sei die Gesellschaft zu löschen. Der Umfang der von dem Registergericht vorzunehmenden Ermittlungen stehe dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Registerrichters und des Beschwerdegerichts.
Der BGH stellt klar, dass die Möglichkeit einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für sich alleine genommen keine Zweifel an der Vermögenslosigkeit der Antragstellerin begründen kann. Eine abstrakte Möglichkeit, dass sich noch Zugriffsmasse für Gläubiger und Gesellschafter findet, stehe einer Löschung nicht entgegen. Nur dann, wenn ein Anspruch auf Steuerrückerstattung bestehe, liege ein Hindernis für die Löschung vor. Eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung diene lediglich der Beschleunigung der Steuerfestsetzung. In solchen Fällen werde die Steuer zunächst lediglich aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen festgesetzt. Eine spätere Überprüfung bleibe jedoch möglich, sei aber nicht verpflichtend. Ein Bescheid der Finanzbehörden könne noch aufgehoben oder angepasst werden, das FA könne aber von einer Überprüfung auch absehen, den Vorbehalt aufheben oder der Vorbehalt entfalle mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 164 Abs. 4 Satz 1 AO. Es bestehe also keine Pflicht für die Finanzbehörden, eine Überprüfung vorzunehmen.
Das Beschwerdegericht habe keine Hinweise auf das Bestehen eines Steuererstattungsanspruchs festgestellt. Vielmehr seien sogar die Körperschafts- und Gewerbesteuerbescheide für 2018 bestandskräftig und die festgesetzten Steuern bezahlt worden. Im Ergebnis sei der pauschale Hinweis des FA auf einen möglichen künftig anfallenden Abwicklungsbedarf nicht ausreichend, um einer Löschung entgegenzustehen. Daher hebt der BGH den Beschluss auf, verweist die Angelegenheit aber zurück, damit das Registergericht feststellt, ob tatsächlich mit einer Steuererstattung zu rechnen ist.
Rechtliche Würdigung
Zu Recht weist der BGH darauf hin, dass pauschale Hinweise auf potentielle Vermögenswerte der Gesellschaft nicht ausreichen, um eine Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister abzulehnen. Es muss konkrete Hinweise auf Vermögenswerte – vorliegend Steuererstattungsansprüche – geben. Das Registergericht ist im Rahmen seines Ermessens verpflichtet, Hinweisen nachzugehen.