Mit der steuerlichen Zuordnung der Folgen aus dem Wegfall eines negativen Kapitalkontos in der Insolvenz des Gesellschafters musste sich FG Nürnberg in seinem Urteil vom 17.3.2022 – 4 K 355/21 befassen.
Sachverhalt
Herr B. (Schuldner) war 2017 als Kommanditist an der C. GmbH & Co. KG beteiligt. Am 12.9.2017 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die GmbH & Co. KG war nicht insolvent. Der Gesellschaftsvertrag sah zwar die Möglichkeit vor, einen insolventen Gesellschafter auszuschließen, ein entsprechender Beschluss wurde aber nicht gefasst. Die Beteiligung blieb Teil der Insolvenzmasse. Am 27.4.2018 hat der Kläger diese aus der Insolvenzmasse freigegeben. Bereits am 8.2.2018 hatte der Schuldner das Gewerbe abgemeldet und mitgeteilt, dass der Betrieb bereits zum 31.12.2017 aufgegeben worden sei. Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 20.1.2020.
Das FA führte mit Bescheid vom 28.1.2021 eine neuerliche einheitliche und gesonderte Feststellung durch. Dem Schuldner wurden für 2017 anteilige Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. H. v. 32.323,34 € zugerechnet. Davon waren 4.387,06 € laufende Einkünfte und 27.936,28 € entfielen auf den Wegfall des negativen Kapitalkontos, der als tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG behandelt wurde. In einer Anlage zum Feststellungsbescheid wurde die allein streitige Zuordnung des Wegfalls zum Zeitraum vom 12.9. bis 31.12.2017 vorgenommen. Dort wurde festgehalten, wie die Einkünfte i. H. v. 32.323,34 € in Insolvenzforderungen und Masseforderungen aufgeteilt werden. Hiergegen hat der Kläger Einspruch erhoben. Der Einspruch wurde zurückgewiesen. Infolge dessen hat der Kläger Klage erhoben.
Entscheidung des FG Nürnberg: Vorgehen ordnungsgemäß
Nach Ansicht des Gerichts war das FA berechtigt, die zeitliche Zuordnung des Wegfallgewinns als Merkmal der Besteuerungsgrundlage zum Teilzeitraum 12.9. bis 31.12.2017 bereits auf Ebene des Feststellungsverfahrens vorzunehmen. Nach §180 Abs. 1 Nr. 2a AO würden die durch mehrere Personen gemeinschaftlich erzielten Einkünfte und sämtliche im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Erzielung stehenden Besteuerungsgrundlagen festgestellt. Zu diesen Umständen gehöre auch der Gewinn des Schuldners aus dem Wegfall seines negativen Kapitalkontos. Dies ergebe sich aus dem Korrespondenzverhältnis des Wegfallgewinns und des Verlusts durch den Untergang der Ausgleichsforderung. Die Sachnähe des Feststellungsfinanzamtes und die mögliche Auswirkung auf eine Vielzahl von Beteiligten erfordere dies.
Das FG erklärt zwar, dass die verwendeten Bezeichnungen Insolvenz- und Masseforderung sprachlich misslungen seien, es sei jedoch ersichtlich, dass mit dem Feststellungsbescheid nur die Besteuerungsgrundlage für die spätere Einkommenssteuerfestsetzung geschaffen werden sollte.
Darüber hinaus sei der entstandene Gewinn zutreffend den nach den Zeitpunkten der Insolvenzeröffnung verwirklichten Besteuerungsgrundlagen, die im Rahmen der Veranlagung zu einer Einkommenssteuerschuld als Masseverbindlichkeiten führen würden, zugeordnet worden. Ein Veräußerungsgewinn aus dem Wegfall eines negativen Kapitalkontos entstehe im Rahmen der Aufgabe eines Gewerbetriebs (§ 16 Abs. 1 Satz 3 EStG) oder bereits vor Auflösung einer KG, wenn feststehe, dass künftige Gewinnanteile nicht mehr entstehen (§ 52 Abs. 24 Satz 3 und 4 EStG). Maßgeblicher Zeitpunkt sei vorliegend die Beendigung der KG zum 31.12.2017. Spätere Einnahmen oder stille Reserven, deren Aufdeckung das negative Kapitalkonto hätten ausgleichen können, wurden nicht mitgeteilt. Alle Beteiligten seien von einem Wegfall spätestens zum 31.12.2017 ausgegangen. Es gebe keinen Hinweis, den Wegfall des negativen Kapitalkontos auf den 12.9.2017 vorzuziehen. Maßgeblich sei auch nicht, dass der negative Saldo des Kapitalkontos über einen längeren Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung aufgebaut worden sei. Dies stehe einer Zuordnung des Wegfallgewinns für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung nicht entgegen. Es komme ausschließlich auf den Zeitpunkt der Realisierung des Besteuerungstatbestandes an. Infolge dessen habe das FA den Wegfallgewinn zutreffend dem Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom 12.9. bis 31.12.2017 zugeordnet.
Rechtliche Würdigung
Der Insolvenzverwalter kann trotz der Einschätzung des FG, auf Ebene des Veranlagungsverfahrens einwenden, dass der Insolvenzmasse keine Einkünfte zugeflossen sind. Dies beispielsweise durch eine Freigabe seitens des Klägers. Die Freigabeerklärung aus 2018 entfalte jedoch keine steuerliche Rückwirkung.