Krise, Sanierung und InsolvenzWirtschaft

Zahlung auf fremde Schuld als unentgeltliche Leistung

Wann die Zah­lung eines Drit­te auf frem­de Schuld als unent­gelt­lich anzu­se­hen ist, was in der Pra­xis nicht immer leicht zu beur­tei­len ist, hatte der BGH(Beschl. vom 23.2.2023 – IX ZR 136/22) erneut zu ent­schei­den,

Sach­ver­halt

Der Klä­ger ist Insol­venz­ver­wal­ter über das Ver­mö­gen der Schuld­ne­rin. Das Insol­venz­ver­fah­ren wurde auf Antrag vom 18.12.2019 am 2.3.2020 eröff­net. Die Beklag­te ver­mie­te­te Räum­lich­kei­ten an eine GbR. Nach­dem Miet­zah­lun­gen aus­blie­ben, kün­dig­te die Beklag­te der GbR gegen­über mit Schrei­ben vom 20.9.2019 das Miet­ver­hält­nis. Zwi­schen 7.10.2019 und 17.1.2020 zahl­te die Schuld­ne­rin zur Beglei­chung der Miet­schul­den der GbR ins­ge­samt 82.681,07 € an die Beklag­te.

Der Klä­ger nahm die Beklag­te auf Rück­zah­lung die­ses Betrags in Anspruch und stütz­te den Anspruch zunächst auf § 131 Abs. 1 S. 1 InsO. Nach­dem die Beklag­te erwi­der­te, die­ser fände keine Anwen­dung, da sie keine Insol­venz­schuld­ne­rin sei, trug er hilfs­wei­se zu den tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der Schen­kungs­an­fech­tung nach § 134 Abs. 1 InsO vor. Er führ­te aus, die GbR sei nicht in der Lage gewe­sen, die Miet­schul­den zu beglei­chen.

Der die­sen Vor­trag ent­hal­ten­de Schrift­satz wurde der Beklag­ten vom Land­ge­richt nicht zur Kennt­nis gege­ben. Die Beklag­te wurde antrags­ge­mäß ver­ur­teilt, wobei das Land­ge­richt im Tat­be­stand des Urteils aus­führ­te, unstrei­tig sei die GbR im Zeit­punkt der ange­foch­te­nen Hand­lun­gen nicht in der Lage gewe­sen, die Miet­for­de­run­gen zu beglei­chen. Nach­dem erfolg­lo­sem Tat­be­stands­be­rich­ti­gungs­an­trag der Beklag­ten legte diese Beru­fung ein und trug in der zwei­ten Instanz vor, die GbR sei im Zeit­punkt der Zah­lun­gen nicht zah­lungs­un­fä­hig gewe­sen und sei immer noch wirt­schaft­lich tätig. Wei­ter sei der Anspruch der Beklag­ten auch nicht wert­los gewe­sen, was näher aus­ge­führt wurde. Das Beru­fungs­ge­richt ließ den Vor­trag der Beklag­ten nicht zu und wies die Beru­fung durch Beschluss zurück. Die Beklag­te wen­det sich hier­ge­gen mit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de.

Ent­schei­dung: Wert­lo­sig­keit ist zu prü­fen

Der Bun­des­ge­richts­hof ließ die Revi­si­on zu, weil der Zurück­wei­sungs­be­schluss des Beru­fungs­ge­richts die Beklag­te in ihrem Anspruch auf recht­li­ches Gehör ver­letz­te. Er hob den ange­foch­te­nen Beschluss sodann auf und ver­wies die Sache zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Beru­fungs­ge­richt zurück.

Das Vor­brin­gen der Beklag­ten hätte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in zwei­ter Instanz zuge­las­sen wer­den müs­sen. Das Land­ge­richt habe den Anspruch der Beklag­ten auf recht­li­ches Gehör ver­letzt, in dem es bei sei­ner Ent­schei­dung Vor­trag des Klä­gers ver­wen­det habe, von dem die Beklag­te nichts wuss­te. Dies sei ursäch­lich dafür, dass die Beklag­te ins­be­son­de­re nichts zur Frage der Wert­lo­sig­keit der Ansprü­che gegen die Mie­te­rin vor­ge­tra­gen habe. Zwar schlie­ße der Umstand, dass der Klä­ger sei­nen Anspruch zunächst nur auf die Anfech­tung nach § 131 InsO gestützt habe nicht aus, dass der Sach­ver­halt auch unter ande­ren recht­li­chen Gesichts­punk­te zu wür­di­gen sei. Nach­dem der Beklag­ten der Schrift­satz vom 04.06.2021 nicht vor­lag fehl­te aus deren Sicht aber jeg­li­cher Vor­trag des Klä­gers zu den tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 134 InsO. Auch habe die Beklag­te hin­rei­chend sub­stan­ti­iert die Zah­lungs­un­fä­hig­keit der Mie­te­rin bestrit­ten. Eine Par­tei genügt bei einem von ihr zur Rechts­ver­tei­di­gung gehal­te­nen Sach­vor­trag ihren Sub­stan­ti­ie­rungs­pflich­ten, wenn sie Tat­sa­chen vor­trägt, die in Ver­bin­dung mit einem Rechts­satz geeig­net sind, das von der ande­ren Seite gel­tend gemach­te Recht als nicht bestehend erschei­nen zu las­sen. Dabei ist uner­heb­lich, wie wahr­schein­lich die Dar­stel­lung ist.

Wei­ter führt der BGH aus, dass es bei der Beur­tei­lung der Unent­gelt­lich­keit einer Leis­tung durch einen Drit­ten im Drei-Personen-Verhältnis nicht ent­schei­dend dar­auf ankom­me, ob der Ver­fü­gen­de einen Aus­gleich erhal­ten hat. Ent­schei­dend sei viel­mehr, ob der Leis­tungs­emp­fän­ger eine Gegen­leis­tung zu erbrin­gen hat. Diese Gegen­leis­tung könne auch darin lie­gen, dass der Zuwen­dungs­emp­fän­ger mit dem Emp­fang der Leis­tung eine For­de­rung gegen sei­nen Schuld­ner ver­liert. Dies gelte aller­dings nur dann, wenn die For­de­rung des Zuwen­dungs­emp­fän­gers wert­hal­tig war. War die For­de­rung dage­gen wert­los, habe der Emp­fän­ger nichts ver­lo­ren, was als Gegen­leis­tung für die Zuwen­dung ange­se­hen wer­den kann. Die Leis­tung auf eine frem­de Schuld sei dann als unent­gelt­li­che Ver­fü­gung anfecht­bar.

Auf­grund der Gehörs­ver­let­zung sei der Beschluss des Beru­fungs­ge­richts auf­zu­he­ben und dort unter Berück­sich­ti­gung des Vor­trags der Beklag­ten nebst Beweis­an­tritt erneut zu ent­schei­den. Darlegungs- und beweis­pflich­tig für die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des Anfech­tungs­tat­be­stan­des der unent­gelt­li­chen Leis­tung sei der Insol­venz­ver­wal­ter. Hat der Schuld­ner eine gegen einen Drit­ten gerich­te­te For­de­rung getilgt, müsse der Insol­venz­ver­wal­ter auch bewei­sen, dass die For­de­rung wert­los war.

Recht­li­che Wür­di­gung

Im Rah­men die­ser Ent­schei­dung hat der BGH seine bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zum § 134 InsO noch­mals bestä­tigt. Die Ent­schei­dung über­zeugt auch inhalt­lich. Eine wert­lo­se For­de­rung kann kei­nen Gegen­wert für eine erhal­te­ne Leis­tung dar­stel­len. Auch die Aus­füh­run­gen zum recht­li­chen Gehör lie­gen auf der bis­he­ri­gen Linie der Recht­spre­chung und mah­nen zugleich die Instanz­ge­rich­te hier sorg­fäl­tig vor­zu­ge­hen und zudem nicht die Anfor­de­run­gen an die Sub­stan­ti­ie­rung zu über­span­nen.

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