Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 14.3.2023 — I ZR 162/21 mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit den Geschäftsführer einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH Sorgfaltspflichten gegenüber der KG treffen.
Sachverhalt
Der Beklagte war Geschäftsführer der U. GmbH, die ihrerseits Kommanditistin der D. GmbH & Co. KG war. Lt. Gesellschaftsvertrag stand ausschließlich der U. GmbH die Geschäftsführung zu. Die Schuldnerin war als Publikums-Kommanditgesellschaft ausgestaltet. Die Schuldnerin warb Anlegergelder ein, um diese der mittlerweile insolventen D. AG zur Verfügung zu stellen. Die D. AG sollte wiederum mit den Darlehen Immobilien erwerben. Mit den vereinbarten Zinszahlungen der D. AG wollte die Schuldnerin Ausschüttungen an die Anleger vornehmen. Gemäß dem zwischen der Schuldnerin und der D. AG geschlossenen Darlehensvertrag waren die Darlehensforderungen der Schuldnerin umfangreich zu besichern.
Entgegen der vertraglichen Vereinbarung wurden die Darlehensforderungen der Schuldnerin nur teilweise abgesichert.
Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet wurde, nahm der klagende Insolvenzverwalter den Beklagten auf Erstattung in Höhe von Teildarlehensbeträgen in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos, sodass er mit der zugelassenen Revision sein Ziel der Klageabweisung weiterverfolgte.
Entscheidung des BGH: Schadensersatzanspruch besteht
Der BGH bejaht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung, da die KG in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zwischen GmbH und Beklagten eingebunden sei.
Eine Schutzwirkung zugunsten Dritter sei immer dann anzunehmen, wenn ein Dritter bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung komme und der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages habe. Dabei müsse für die Ausdehnung des Schutzes nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen. Zudem müsse die Einbeziehung Dritter dem Schutzpflichtigen bekannt oder zumindest erkennbar sein. Diese Voraussetzungen seien vorliegend sämtlich erfüllt.
Die KG sei bestimmungsgemäß mit den Leistungen des Beklagten in Berührung gekommen. Damit hätten sich Fehler des Beklagten auf die KG ausgewirkt.
Das Interesse der Anstellungs-GmbH sei dahingegangen, dass der Beklagte die Leitung der KG im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausüben sollte. Dies alleine schon deshalb, weil die GmbH der KG für Schäden aus der Verletzung der von ihr übernommenen Geschäftsführungsaufgaben hafte.
Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes habe auch ein Bedürfnis nach Treu und Glauben bestanden. Aufgrund der vertraglichen Reglungen hätten sich Pflichtverletzungen des Beklagten gerade auf die KG ausgewirkt. Folglich sei die KG auf eine gewissenhafte und sorgfältige Ausübung der Tätigkeit durch den Beklagten angewiesen gewesen. Dies gerade auch vor dem Hintergrund, weil die KG kein Weisungsrecht gegenüber dem Beklagten zustand, sondern dieses bei der geschäftsführenden GmbH gelegen habe.
Diese Umstände seien für den Beklagten auch erkennbar gewesen. Der BGH beantwortet nunmehr die bisher offene Frage, ob eine Haftung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber der KG auch dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG in Betracht komme, wenn die Wahrnehmung der Geschäftsführung in der KG nicht die alleinige und wesentliche Aufgabe der GmbH sei, mit ja. Auch in derartigen Fällen sei eine ausreichende Erkennbarkeit für den Geschäftsführer dahingegeben, dass er für Pflichtverletzungen gegenüber der KG hafte. Die Haftungsgefahr sei auch dann erkennbar, wenn eine GmbH und damit die Geschäftsführer die Geschäftsführung in mehreren Gesellschaften ausüben. Die KG dürfe auch dann auf die geschuldete Obhut und Fürsorge durch den Geschäftsführer vertrauen.
Rechtliche Würdigung
Nach Auffassung des BGH ist eine KG in den Schutzbereich des Geschäftsführeranstellungsvertrages und auch des Organverhältnisses zwischen GmbH und Geschäftsführer einbezogen. Eine potentielle Haftung des Geschäftsführers gegenüber der KG hängt dabei weder davon ab, ob der Geschäftsführer seine Geschäftsführerposition in einer Kommanditisten-GmbH oder Komplementär-GmbH ausübt, noch davon, ob die GmbH, neben der Tätigkeit in einer KG auch die Geschäftsführung in anderen Gesellschaften ausübt.