Das insolvenzrechtliche Anfechtungsrecht dient dazu, Vermögensübertragungen des Schuldners rückgängig zu machen und die Insolvenzmasse zu mehren. § 138 InsO definiert hierbei, welche Personen als nahestehende Personen besonderen Anfechtungsrisiken ausgesetzt sind. Der BGH hatte in einem Versäumnisurteil vom 22.12.2016 — IX ZR 94/14 zu klären, ob eine GmbH & Co. KG als nahestehende Person einer GmbH zu qualifizieren ist, wenn die Geschäftsführer beider Gesellschaften miteinander verheiratet sind.
Sachverhalt
Die Beklagte, eine GmbH & Co. KG stellte der im April 2010 gegründete N. Metallbau GmbH (Schuldnerin) zunächst bis April 2011 monatliche Rechnungen für Verwaltungs- und Konstruktionsarbeiten. Ab Mai 2011 wurden lediglich noch Verwaltungsarbeiten in Rechnung gestellt. Den Rechnungsstellungen lagen weder schriftliche Aufträge, noch schriftliche Leistungsbeschreibungen zugrunde. Insgesamt erhielt die Beklagte von der Schuldnerin im Zeitraum 08.07.2010 bis 01.08.2011 aufgrund dieser Vorgehensweise 101.504,48 €.
Der Geschäftsführer der Schuldnerin war Herr A. M. Dieser war zugleich mit der Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH der Beklagten, Frau I. N. verheiratet.
Aufgrund eines Insolvenzantrages vom 01.09.2011 wurde am 01.11.2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückgewähr eines Betrages in Höhe von 50.000 €, der sich aus einzelnen Positionen der verschiedenen Rechnungen zusammensetzt. Die Klage wurde in den ersten beiden Instanzen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Entscheidung des BGH: GmbH & Co. KG ist nahestehende Person
Der BGH folgt dem Berufungsgericht bei seiner Bewertung des Anspruchs nach § 133 InsO nicht und hält die bisherigen Feststellungen bisher für nicht ausreichend.
Nach Ansicht des BGH habe der Gesetzgeber die Insolvenzanfechtung gegen nahestehende Personen in verschiedenen Bestimmungen erleichtert. Hierbei sei der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen, dass nahestehende Personen über größere Informationsmöglichkeiten gegenüber dem Schuldner verfügen und somit besser über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners unterrichtet sind. Zudem seien sie aufgrund des Näheverhältnisses besser in der Lage, die Motive des Schuldners zu erkennen.
Wer dabei als nahestehende Person anzusehen sei, ergebe sich aus § 138 InsO. Nach § 138 Abs. 2 InsO seien die Mitglieder des Vertretungsorgans des Schuldners als nahestehende Person anzusehen. Dies treffe, so der BGH, im vorliegenden Fall auf den Geschäftsführer der Schuldnerin und damit Herrn N. zu. Nach § 138 Abs. 2 Nr. 3 InsO sei aber auch die Person nahestehend, die eine persönliche Verbindung zu einer in § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO aufgeführten Person unterhalte. Im vorliegenden Fall sei dies die Ehefrau des Geschäftsführers der Schuldnerin und somit Frau N.
Darüber hinausgehend sei auch die Beklagte, deren Geschäftsführerin Frau N. sei, als nahestehende Person anzusehen. Zwar sei in der Vergangenheit überwiegend die Auffassung vertreten worden, § 138 Abs. 2 Nr. 3 InsO könne nur auf natürliche Personen Anwendung finden, der BGH selbst habe aber bereits in der Vergangenheit schon klargestellt, dass einer juristischen Person auch eine andere Gesellschaft nahestehen könne[2]. Jedenfalls mit der Neufassung des § 138 InsO zum 1.7.2007 könne jedenfalls eine Eingrenzung der nahestehenden Personen auf natürliche Personen nicht mehr vorgenommen werden. Der Gesetzgeber habe die Lücke durch die neue Bestimmung in § 138 Abs. 2 Nr. 4 InsO geschlossen.
Nichts anderes könne gelten, wenn die persönliche Verbindung über die Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH vermittelt werde. Jedenfalls würde hier eine vergleichbare gesellschaftsrechtliche Verbindung und Möglichkeit zur Kenntnisnahme über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners bestehen.
Allerdings gelte es, so der BGH, zu beachten, dass nach § 138 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 InsO dann eine Anwendung ausgeschlossen sei, wenn der Geschäftsführer der Schuldnerin kraft Gesetzes in den Angelegenheiten, auf denen sich die Anfechtung stützt, zur Verschwiegenheit verpflichtet war. In derartigen Fällen könne dem Geschäftsführer einer Schuldnerin nicht unterstellt werden, dass er gegenüber einer nahestehenden Person seine Verschwiegenheitspflichten verletze. Im vorliegenden Fall könne hierzu jedoch noch keine abschließende Bewertung vorgenommen werden, da auch der Geschäftsführer einer GmbH hinsichtlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zur Verschwiegenheit verpflichtet ist (§ 85 Abs. 1, § 43 Abs. 1 GmbHG). Auch die Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft kann insofern ein Betriebsgeheimnis sein, über welches der Geschäftsführer Verschwiegenheit walten lassen müsse. Die Pflicht des Geschäftsführers zur Verschwiegenheit sei aber dann aufgehoben, wenn die Gesellschaft auf das Geheimhaltungsinteresse verzichte. Hiervon sei regelmäßig auszugehen, wenn der Geschäftsführer zugleich alleiniger Gesellschafter sei. An den notwendigen Feststellungen hierzu fehle es jedoch vorliegend, da bisher keine Feststellungen dazu getroffen worden seien, ob der Geschäftsführer der Schuldnerin zugleich alleiniger Gesellschafter war.
Rechtliche Würdigung
Mit dem Urteil bestätigt der BGH, dass nahestehende Personen sich nicht hinter juristischen Konstrukten verstecken können, um eine Anfechtung zu verhindern.