Wie im Rahmen einer Insolvenzanfechtung die Zahlung eines Dritten zu behandeln ist, hatte das OLG Karlsruhe in seinem Beschluss vom 27.5.2020 — 9 W 12/20 zu beurteilen.
Sachverhalt
Die Antragstellerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Frau H. Die Antragstellerin hat Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin beantragt. Die Antragsgegnerin hatte offene Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin aus Warenlieferungen in den Jahren 2011 und 2012 und erwirkte am 30.5.2012 einen Vollstreckungsbescheid über eine Gesamtforderung in Höhe von 33.714,62 € nebst Zinsen. Am 23.8.2012 trafen die Antragsgegnerin und die Schuldnerin eine Vereinbarung über die ratenweise Begleichung der Forderung aus diesem Titel. Am 2.12.2013 erklärte J. einen Schuldbeitritt nebst Schuldanerkenntnis zu den Forderungen. In der Zeit zwischen Dezember 2012 und November 2016 erfolgten Ratenzahlungen über einen Gesamtbetrag von
15.500,00 €. Diese wurden in der Zeit von Januar 2014 bis März 2015 unstreitig nicht von der Schuldnerin, sondern von J. gezahlt. Mit Beschluss vom 24.2.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und die Antragstellerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Das Landgericht Freiburg hat der Antragstellerin teilweise Prozesskostenhilfe für die Klage bewilligt und zwar in Höhe eines Streitwerts von 8.000,00 €. Wegen des übersteigenden Betrages wurde der Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen. Die Klage habe insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Antragstellerin eine Erstattung von Zahlungen geltend mache, die nicht von der Schuldnerin, sondern von J. geleistet worden seien. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.
Entscheidung des OLG: Keine anfechtbare Rechtshandlung
Das OLG führt aus, dass die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe, soweit sie die Erstattung von Zahlungen des J. beträfe. Die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung lägen hinsichtlich dieser Zahlungen nicht vor. Insoweit handele es sich um keine Rechtshandlung der Schuldnerin im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO. Zahlungen eines Dritten seien der Schuldnerin nicht zuzurechnen, wenn es sich um Leistungen des Dritten auf eine eigene Schuld handele. Dies gelte insbesondere auch bei einem Schuldbeitritt des Dritten. Aus dem Schuldbeitritt ergebe sich eine konkludente Tilgungsbestimmung bei den späteren Zahlungen, sodass von einer Leistung des J. auf eigene Verpflichtungen und nicht auf die Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin auszugehen sei. Anhaltspunkte für eine anderweitige Tilgungsbestimmung seien nicht ersichtlich und von der Antragstellerin nicht vorgetragen. Dass mit der Zahlung gleichzeitig eine Anrechnung auf die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Antragsgegnerin erfolgt sei, ändere nichts daran, dass keine Rechtshandlung der Schuldnerin vorliege. Nicht von Belang sei, ob die Zahlung im Einvernehmen zwischen der Schuldnerin und dem zahlenden Dritten erfolgt sei. Diese wäre nur dann relevant, wenn der Dritte nicht auf eine eigene Verpflichtung der Anfechtungsgegnerin zahle. Unerheblich sei schließlich auch, aus welchen Gründen J. den Schuldbeitritt erklärt habe.
Rechtliche Würdigung
Die Entscheidung überzeugt im Ergebnis und zeigt zugleich einen denkbaren Lösungsweg für Gläubiger auf, wenn die drohende Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners erkennbar ist.