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Rückzahlung einer Einlage an stillen Gesellschafter

Die Rück­for­de­rung einer im Vor­feld zu einem Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der Gesell­schaft an einen stil­len Gesell­schaf­ter aus­ge­zahl­ten Ein­la­ge war Gegen­stand eines Urteils des BGH vom 14.12.2023 — IX ZR 10/23.

Sach­ver­halt

Der Beklag­te und seine zwi­schen­zeit­lich ver­stor­be­ne Ehe­frau, deren Erbe der Beklag­te ist, schlos­sen ins­ge­samt sechs stil­le Betei­li­gun­gen bei der E‑mbH & Co. KG (Schuld­ne­rin) zu ver­schie­de­nen Zeit­punk­ten zwi­schen 2010 und 2013 ab. Die stil­len Betei­li­gun­gen hat­ten eine Lauf­zeit von 36 Mona­ten. In den Jah­ren 2013 bis 2015 erhiel­ten der Beklag­te und die Erb­las­se­rin meh­re­re Beträ­ge. Am 4.8.2016 wurde die Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens über das Ver­mö­gen der Schuld­ne­rin bean­tragt und am 2.1.2017 eröff­net. Der Klä­ger wurde zum Insol­venz­ver­wal­ter bestellt.

Die Schuld­ne­rin hatte damit gewor­ben, Anle­ger­gel­der auf Grund­la­ge eines Rah­men­kre­dit­ver­tra­ges ratier­lich an die L. GmbH & Co. KG (L genannt) aus­zu­zah­len. Ziel der L soll­te es sein, ein Luxus­pfand­haus auf­zu­bau­en. Es stell­te sich jedoch her­aus, dass L ein Schnell­ball­sys­tem betrieb und die erhal­te­nen Dar­le­hen nicht für den eigent­lich vor­ge­se­he­nen Geschäfts­zweck ver­wen­det wur­den.

Die kor­ri­gier­ten Jah­res­ab­schlüs­se der Schuld­ne­rin für die Jahre 2013 bis 2016 wie­sen nega­ti­ve Ergeb­nis­se aus. Durch Ver­lus­te waren bereits im Jahre 2010 gewähr­te Ein­la­gen des Beklag­ten und der Erb­las­se­rin ver­min­dert.

Der Klä­ger mach­te Ansprü­che gegen den Beklag­ten auf Rück­zah­lung erhal­te­ner Beträ­ge gel­tend. Nach­dem die Klage vor dem Land­ge­richt zunächst erfolg­los blieb, ver­ur­teil­te das Beru­fungs­ge­richt den Beklag­ten zur Zah­lung von 268.309,58 €. Mit der Revi­si­on stell­te der Beklag­te das Urteil unter Prü­fung des BGH.

Ent­schei­dung des BGH: Anspruch gege­ben

Nach Ansicht des BGH hat der Klä­ger einen Anspruch auf Erstat­tung von zwei Aus­zah­lun­gen in Höhe von 154.642,18 € und 113.667,40 € nach den §§ 129, 134, 143 InsO.

Dabei stellt der BGH fest, dass der Beklag­te und seine Ehe­frau wirk­sa­me Betei­li­gun­gen als stil­le Gesell­schaf­ter abge­schlos­sen hät­ten. Daran ände­re auch nichts, dass die Schuld­ne­rin ein sit­ten­wid­ri­ges Sys­tem betrie­ben habe, denn der Abschluss der Kapi­tal­an­la­ge selbst sei nicht sit­ten­wid­rig gewe­sen.

Die Aus­zah­lun­gen von Schein­ge­win­nen durch die Schuld­ne­rin seien ohne Rechts­grund erfolgt. Ein Anspruch auf Gewin­ne hätte dem Beklag­ten und der Erb­las­se­rin nur dann zuge­stan­den, wenn tat­säch­lich auch Gewin­ne erwirt­schaf­tet wor­den wären. Hier­von sei vor­lie­gend aber nicht aus­zu­ge­hen. Zwar sei das reine Vor­lie­gen eines Schnee­ball­sys­tems nicht aus­rei­chend, um die Vor­aus­set­zun­gen des § 134 InsO anneh­men zu kön­nen. Vor­lie­gend hät­ten aber die neu auf­ge­stell­ten Jah­res­ab­schlüs­se das Aus­blei­ben von Gewin­nen bestä­tigt.

Grund­sätz­lich anders gela­gert sei dage­gen die Behand­lung der erstat­te­ten stil­len Ein­la­gen. Bei der Rück­zah­lung von stil­len Ein­la­gen würde es sich grund­sätz­lich nicht um unent­gelt­li­che Leis­tun­gen i.S.d. § 134 InsO han­deln, sofern die Betei­li­gung jeden­falls wirk­sam gekün­digt wor­den sei. Etwas anders gelte aller­dings, wenn im Ver­trag eine Betei­li­gung der von einem stil­len Gesell­schaf­ter geleis­te­ten Ein­la­ge an den Ver­lus­ten der Gesell­schaft vor­ge­se­hen sei. Der Beklag­te habe mit der Schuld­ne­rin eine sol­che Rege­lung nach § 132 Abs. 2 HGB ver­ein­bart. Dies habe zur Folge, dass die erwirt­schaf­te­ten Ver­lus­te die Betei­li­gun­gen des Beklag­ten redu­zier­ten. Komme es den­noch, wie vor­lie­gend, bei Been­di­gung der stil­len Gesell­schaft zu einer vol­len Rück­zah­lung der stil­len Ein­la­ge, so liege ent­ge­gen dem Grund­satz ein Fall der unent­gelt­li­chen Leis­tung nach § 134 InsO vor. Da eine Min­de­rung des Aus­ein­an­der­set­zungs­an­spruchs ver­ein­bart sei, fehle es an einem Anspruch nach § 235 Abs. 1 HGB. Infol­ge­des­sen sei der Beklag­te ent­spre­chend den Fest­stel­lun­gen des Beru­fungs­ge­rich­tes zur Rück­zah­lung ver­pflich­tet.

Recht­li­che Wür­di­gung

Der BGH führt seine Recht­spre­chung zur insol­venz­recht­li­chen Behand­lung von Schein­ge­win­nen fort und spricht dem Insol­venz­ver­wal­ter einen Rück­for­de­rungs­an­spruch zu. Für den Anspruch des stil­len Gesell­schaf­ters auf Rück­zah­lung der stil­len Betei­li­gung selbst betont der BGH das Regel-Ausnahme-Prinzip. Ist der stil­le Gesell­schaf­ter mit sei­nem inves­tier­ten Betrag an den Ver­lus­ten betei­ligt, so bestehen bei Aus­zah­lun­gen wäh­rend einer Krise auch inso­weit Anfech­tungs­ri­si­ken.

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